Ich bin kein Chinaspezialist, aber ich stelle hier trotzdem einige Behauptungen auf und wage ein paar Analysen zu machen und Zukunftsprognosen zu stellen.
Das Reich der Mitte ist im Gegensatz zu den inzwischen meisten Ländern der Erde, ein von einem Regime geführtes Land, in dem keine Volksdemokratie herrscht. Nicht irgendeine Militärdiktatur herrscht, sondern die Kommunistische Partei, die KP, regiert das Milliardenvolk. Eigentlich hat diese Regierungsform in den letzten Jahrzehnten, mit Ausnahme der "Kulturrevolution", die keine war, und der Niederschlagung der Kundgebungen auf dem Platz des himmlischen Friedens, alles richtig gemacht. Ok, da fällt mir noch die Eroberung Tibets ein, und die systematische Vernichtung dessen Kultur. Im besetzten Land wird Kolonialsierung betrieben, wie zu Zeiten des Imperialismus. Genau jenem Imperialismus, den China dem Westen so gerne nachsagt, beliebt die Volksrepublik genauso unverfroren nachzugehen.
Ganz ungeachtet, dass es schon jetzt mehr Chinesen gibt als von jeder anderen Ethnie, exportiert dieser Moloch immer mehr Menschen nach Europa, Südostasien und sogar nach Sibirien. Es ist gut möglich dass hier die Wurzel eines kommenden Konflikts liegen, denn offensichtlich vermehren sich Chinesen rasend schnell, während die Russische Bevölkerung beinahe abnimmt. Die Leute, die nach Norden durchsickern und sich dort stark vermehren, dürften die russische Bevölkerung schnell verdrängen.
Bei aller Genugtuung, dass die Vormachtstellung der USA Einbruch erleiden wird, müssen wir uns im klaren sein, dass China durch diverse Faktoren eine ernsthafter Gefahr für den Frieden bedeuten kann. Warum? Der Nationalismus in China ist zwar stark, die Vergangenheit dieses Landes ist jedoch geprägt von Versagen, Demütigung und Besetzung durch Fremdmächte. Immer war sich das Reich über seine eigentliche Grösse im Klaren, aber andererseits unterlag es genau so oft ausländischen Invasoren. Früher waren das die Mongolen, die Koreaner, die Japaner, die Russen. Später wurde das Land auch noch von europäischen Mächten drangsaliert. Das Kaiserhaus Mandschu, das bis ins 20.Jh. überlebt hat, war übrigens ursprünglich nicht chinesisch, sondern eben Mandschu, eine Ethnie, die sich selber zuerst auch nicht als Chinesen betrachtete.
Diese Demütigungen sind, soweit mir bekannt, natürlich in jedem chinesischen Geschichtsbuch zu finden. China leidet, wie Russland, seit seinen Anfängen unter seiner eigenen Grösse und Blüte. Bei beiden Reichen schafften es die Herrscher nicht, trotz eigener Überlegenheit an Mensch und Resourcen dem technologischen Fortschritt des Westens zu folgen. Seit Peter dem Grossen versuchte man in Russland dem Westen nachzueifern, doch hinter dem Blendwerk einiger Metropolen war Russland noch immer im Mittelalter. In China war es noch schlimmer: da war das ganze Reich noch im Mittelalter, deswegen war es auch so einfach für imperialistische Nationen sich da zu bedienen, auch wenn das Land quasi auf der gegenüberliegenden Seite der Erdkugel ist.
Länder die immer unterdrückt waren tendieren schnell mal dazu, selber unterdrückerisch zu sein und eine Politik der Machtakkumulierung zu betreiben. Russland betrieb seine Expansion mit der Ansiedlung von Russen in der Ukraine, Baltik, Bulgarien, Polen, Aserbaidjan, Georgien etc. 1939 Griff Russland nach dem Deutschen Reich von Osten Polen an, "zum Schutz der Ukrainer und Weissrussen". Die Russische Hegemonialpolitik dauert übrigens immer noch an. Wenn Putin von "Aufrüstung" redet, so sind das keine leeren Worte. Natürlich wird aufgerüstet und die alte Vormachtstellung angestrebt. Weissrussland, Georgien, Ukraine, Tschetschenien...was an Russland grenzt, will von Russland kontrolliert sein!
China wird das ebenfalls so handhaben und tut es bereits jetzt. Es nimmt Einfluss auf die ganze Region, hält Tibet besetzt und verhindert die Anerkennung Taiwans immer noch. Es gibt ausser Russland und den USA niemand, der dem Reich der Mitte Paroli bieten kann, auch in Zukunft nicht. Warum gibt es in Japan so viele Stimmen, die zur Aufrüstung raten? Weil Japan nicht China ist, und sich dessen Bedrohung absolut gewahr ist. Von China aus wurden schon zwei Invasionen Richtung Japen im Mittelalter (1274/1281) gestartet. Die Japaner behandeln diese Sache anders als wir es tun würden: sie vergessen das nicht. Die mongolische Flotte mag vom Kamikaze zerstört worden sein, doch eingeprägt hat sich auf der Insel der Angriff eines mächtigen Agressors aus China dennoch.
Die Japaner sind ein Volk, das sich den anderen Völkern Asiens überlegen fühlt. Die Japaner hatten schon Korea besetzt, im Verlauf des 20.Jh. auch Teile von China und kurz sogar ganz Südostasien. Wie Deutschland, hat Japan dennoch wenig Aggressionspotenzial, gerade weil es einen grossen Krieg verloren hat. China hingegen hat auch gegenwärtig permanent das Gefühl, übergangen zu werden, selbst wenn das nicht der Fall war. Und China verzeiht den Japanern ihre Taten im Weltkrieg ebensowenig, wie die Japaner ihre Taten bereuen. China rüstet nun auf. Eigentlich ist es nur eine Frage der Zeit, wann China wirklich daran denkt, Taiwan in sein Reich rückzugliedern. Ich denke, das wird der Fall sein, wenn die USA eine Weile ganz auf sich selber schauen, wie es auch schon der Fall war (nach 1865 und nach 1919 z.B.)
Ok, da gerate ich immer wieder in den Konflikt mit Kommilitonen und gutinformierten Leuten, aber auch hier hat Huntington recht gehabt, mit den Einflusssphären von bestimmten Zivilisationen. Ich würde jetzt nicht mal den Begriff Zivilisation benützen, es ist schlicht und einfach nationalistischer Imperialismus, der gelegentlich mit diffusen ethnischen Gruppierungen hantiert, um handfeste Interessen zu kaschieren. Wo Russen leben ist auch immer der lange Arm Russlands zu spüren, und das mehr denn je. Je stärker China wird, desto Aggressiver und Arroganter wird es. Das wird uns Europäer weniger tangieren als vielleicht die asiatischen Staaten und Russland, aber da liegt guter Zunder im Heu.
Wir wissen auch nicht wie sich das auswirken wird, die ganze Industrialisierung einerseits und die Degeneration sozialer Errungenschaften post Industrialisierung nach Manchester Art. Ok, es gibt keinen Mao, der plötzlich die Meinung hat, dass eine Kulturrevolution wichtig ist, und alles Westliche ausgemerzt werden muss. Solange es vorwärtsgeht muckt keiner auf, aber geht es immer nur vorwärts? Was ist, wenn es eine Rezession gibt, eine Umweltkatastrophe, Epidemie oder sonst etwas, was dem jetzigen Trend und Entwicklung einen Schlag versetzt? Die Leute schuften sich zu tode, weil sie wissen, dass sie wenigstens überleben und Geld verdienen, aber was passiert, wenn sie einfach nur da sind, aber sonst zu wenig Arbeit vorhanden ist? Ich möchte mir das lieber nicht ausmalen.
Man muss die USA nicht mögen, und es ist klar, wie stark sich der Trend zu
Idiot-Americalangsam durchsetzt. Wie der Kreationismus zunimmt, nimmt die Bildung ab. Allerdings ist die USA noch immer eine Demokratie, und ja es ist wesentlich demokratischer als Russland und Verfassungsrechtlich das pure Gegenteil von China. Der Unterschied zu China und Russland ist, dass die US-Bürger ihre TV Propaganda selbst aussuchen, während in den anderen zwei Ländern gar keine Auswahl möglich ist. Geld beherrscht die USA, Geld das unter einem stärker Staat vielleicht auch besser verteilt wäre. Weil Geld dermassen beherrschend ist, wird auch nie Verbesserung stattfinden, denn jenes Geld wird benötigt, um gewählt zu werden. Es ist ein Teufelskreis.
Wir kommen ins Internetzeitalter. Wissen ist für alle zugänglich, pauschal gesagt. Internet könnte dominanter werden als das Fernsehen. Vielleicht könnte sich dadurch etwas ändern. Aber im Moment tut es das nicht, und wer sich ein bisschen durch US Blogs und Videoblogs browsert ist erschrocken. Gerade dadurch, dass keine echte Wissensautorität mehr herrscht, entsteht statt wissen, ein Wissenstohuwabohu. Jetzt kann man natürlich auch sagen, dass der Jack keine Ahnung hat, aber so tut als hätte er sie. Das ist wohl wahr, ergo muss man auch bei meinem Geschreibsel immer vorsichtig sein, aber das die Leser meines Threads ja ohnehin.