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Eoin

Porno - Iraner

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581

Tuesday, 12. May 2009, 21:13

Mag sein, dann sollte man aber nicht anfangen auf Basis von Beispielen wie Daimler und Opel eine Diskussion zu führen.

Meine Beispiele mögen in Lehrbüchern stehen, deshalb sind sie noch lange nicht falsch. Hat ja nen Grund warum man die Dinger Lehrbücher nennt.
Aber ich war auch zweimal bei den bayrischen Tarifverhandlungen der IGM als Deligierter der Jugend dabei und hab da zumindest bisschen was mitbekommen (Aber du hast natürlich insofern auch recht das ich mich bei den Schweizer Verhältnissen nicht auskenne).

Beim Rest stimme ich dir uneingeschränkt zu und glaube erstmal auch nicht dran das eure Tankstellen in Zukunft um 18 Uhr die Türen schließen - wäre auch sehr abwegig.


>>Reicher Mann und armer Mann
>>standen da und sah'n sich an.
>>Und der Arme sagte bleich:
>>"Wär ich nicht arm,wärst du nicht reich."
>>(Bertolt Brecht)

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582

Wednesday, 13. May 2009, 00:57

Nun normalerweise führe ich hier keine Diskussion. Aber noch einmal zu demselben Thema. Was ich über Gewerkschaften schrieb, fusste nicht auf Daimler und Opel. Mag sein, dass die Probleme beider Betriebe anderweitig verursacht sind, aus unserer Warte sieht man einfach, dass Tarifvereinbarungen teilweise auf der Basis von 35 Stunden pro Woche gemacht werden, was in einem Monat 140 Stunden macht. In der Schweiz hingegen beträgt die Arbeitszeit 165 Stunden pro Monat.

Nun kann man sagen, dass die Arbeitszeiten in anderen EU Länder noch tiefer sind, und diese durchaus zu weniger Problemen bei der Beschäftigung führen können (eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung, "Fakten für eine faire Arbeitswelt, die wir unhinterfragt lesen). Allerdings wird dabei übersehen, dass die Arbeitslosenquote hier gerade einmal 3% erreicht hat, während selbst ein EU Vorzeigeland wie Dänemark noch 4.7% Arbeitslosigkeit hat. Deutschland hat 8.6% Arbeitslose, wobei man den grossen Unterschied von Ost - und Westdeutschland durchaus in Betracht ziehen muss 6.6% im Westen und 13.9% Osten.
Wir sagen hier unverblümt, dass nicht allein die Steuerlast und die Administrationsaufwendungen das Hauptproblem für die deutsche Arbeitslosigkeit ist, sondern die einfache Tatsache, dass Produzieren in Deutschland zu teuer ist. Das kann man natürlich als Polemik verwerfen, aber die Auslagerung vielerlei Produktionsstätten ins Ausland spricht eine eigene Sprache. Die Tariflohnstreitereien jedes Jahr sind eine andere Sache, und man staunt nicht schlecht wie viel Macht die Gewerkschaften in Deutschland haben.

Und nun noch zum "weniger arbeiten, mehr verdienen, früher in die Rente gehen" Argument. Es war ein Argument aus der Weltwoche, wo in einem zugegeben polemischen Artikel über die Wahl Gaillards als SECO Vorsteher geschrieben wurde. Wie man inzwischen wohl weiss- zu Recht. Jede Tarifrunde ist im Endeffekt nichts anderes als das Prinzip weniger arbeiten, mehr verdienen, egal ob Reallohnsteigerungen nun fällig sind oder ob Lebenskostenssteigerungen das Problem sind. Ich kann mir keine Gewerkschaft vorstellen, die das Gegenteil hiervon behauptet.
Schaue ich mir die realen Gesamtarbeitsverträge GAV (Quelle: Schweizerischer Gewerkschaftsbund) genauer an, so geht es durchwegs nur um Lohnerhöhungen, Vaterschaftsurlaub, Freistellungen für Gewerkschaftstätigkeiten und Gleichstellungsfragen. Letztere sind meistens auch Verbunden mit besserer Entlöhnung und ähnlichen Vorteilen. Die richtige demographische Einsicht, dass auch Frauen bis 65 arbeiten müssen, wird ja gerade von der Linken vehementest bekämpft. Insofern weiss ich nicht, warum Eoin sich daran derart stösst. Ich finde auch, dass es nicht schlimmes ist, dafür zu kämpfen. Es muss auch eine Partei geben, die für verbesserte Arbeitsbedingungen einsteht.

Ich habe auch nicht immer Nachtschichten gemacht, aber sagen wir mal mehr als die anderen Studenten oder Uniabgänger, die ich kenne. Niemand zweifelt daran, dass Nachtschichten ungesund sind. Aber die Gesellschaft baut darauf. In der Nacht werden Güter verladen und in der Welt verschoben, Gerätschaften bewacht und überwacht, Patienten betreute, Nottelefone besetzt, Lebensmittel hergestellt und was weiss ich. In der Nacht ist da draussen eine Menge los.
Zum Glück sind diejenigen, die Nachtschichten machen in der Minderzahl, aber es gibt sie. Warum soll man nun Tankstellenshops abschaffen? Wem ist geholfen? Die Leute die es sich nicht antun wollen in der Nacht an der Tanke zu arbeiten, müssen ja nicht. Es handelt sich nicht um einen Betrieb, der von heute auf morgen von den Arbeitern verlangt, sie hätten nun auch gefälligst in der Nacht zu malochen.

Warum lässt man die Shops zuerst zu und schafft sie dann wieder ab? Rein theoretisch hätte man ja sagen können, dass Studien beweisen, dass Nachtschichtler ungesund leben. Der Hase im Pfeffer ist eben die Art der Argumentation: es geht um die Notwendigkeit. Nun, dass ein Grossteil der Bürger nur Tags arbeitet, ist ja nichts neues. Insofern hätte man die Shops nie erlauben dürfen. Das Faule ist, dass der Paragraph erst jetzt bemüht wird. Mir ist wurscht, wenn die Gewerkschaft gegen Öffnungszeiten jenseits der üblichen Zeiten ist, problematisch wird es erst dann, wenn sie aus dem SECO kommt. Zwar ist es so, dass die Sozialdemokraten der Schweiz seit 50 Jahren (seit 1959) mitregieren, aber halt so dezent, dass man das Land nicht gerade als Ausbund eines Sozialstaates begreift.

Ebenfalls sehr typisch ist das Etikett "Neoliberal" für alles das, was seit 1989 schiefgelaufen ist. Als ob man plötzlich überall in der Welt gesagt hat, lasst uns jetzt Börsenblasen erfinden und schanzt den Reichen noch mehr Kohle zu. Tatsächlich wollen so viele Menschen wie möglich von einer Hausse profitieren, aber wenn es eine Krise gibt, dann findet sich im Banker, Financier und Börsenjongleur schon der alleinige Bösewicht. Da gefallen mir die Beiträge von Jan Fleischhauer im Spiegel, immer besser, der mit den Phrasen gegenüber Konservativen oder Liberalen ins Gericht geht. Ich bin gewiss nicht apolitisch oder ohne Meinung, aber halte mich für einen gemässigten Parteigänger. Vielmehr sind es manchmal Dinge die geschehen oder Dinge die gesagt werden, die jemanden einfach in eine Ecke drücken, wo man sich unversehens mit einem Etikett beschrieben wiederfindet, auch wenn man einfach auf einen so empfundenen Missstand hinweist.
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G.B.Shaw

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583

Sunday, 17. May 2009, 22:25

Geschichtsquiz

Ein selbstgebasteltes militärhistorisches Geschichtsquiz.


1. Welche der folgenden Einheitsgrössen war die kleinste in der römischen Legion?

a) Die Zenturie
b) Die Brigade
c) Die Kohorte
d) Das Manipel



2. Welche dieser folgenden Utensilien wurden von den Schotten zu „Bravehearts“, William Wallace‘s, Zeiten bereits ins Feld geführt?
a) Schottenröcke
b) Dudelsäcke
c) Claymores (Zweihandschwerter)
d) Keine von den dreien

3. Welche der folgenden Persönlichkeiten ist historisch verbürgt?

a) Ivanhoe, der schwarze Ritter
b) Robin Hood
c) Edward, der schwarze Prinz
d) Wilhelm Tell

4. Welche der folgenden Figuren aus „Kingdom of heaven“ ist historisch nicht verbürgt, auch wenn der Film die Personen in falsche Zusammenhänge setzt?

a) Balian von Ibelin
b) Guido von Lusignan
c) Renaud von Chatillon
d) Godfrey von Ibelin


5. Wie hiessen Harald Godwinsons Elitetruppen bei der Schlacht um Hastings 1066 n.Chr.?

a) Hausmeier
b) Huskarls
c) Fyrd
d) Axtmännchen



6. Was sagte General Robert E. Lee als nach seinem befohlenen Angriff in Gettysburg als über 6000 seiner Männer fielen oder gefangen genommen wurden?
a) Hunde, wollt ihr ewig leben?
b) Es war alles mein Fehler!
c) Wir greifen später noch einmal an.
d) Es war trotzdem ein Sieg.


7. Was ist Dixie?
a) Die Hymne der Konföderierten
b) Die Hymne der Union
c) Das Indianische Kampfgeheul
d) Das Flaggschiff der Unionsflotte


8. Welche dieser Waffen wurde NICHT neu eingeführt oder zum ersten mal angewandt im Bürgerkrieg?
a) Das Ironclad
b) Das Gatling Maschinengewehr
c) Die 12 Pfünder Napoleon Kanone
d) Der Spencer Repetierkarabiner


9. Welcher dieser Generäle aus dem Bürgerkrieg gab seinen Namen keinem späteren US Panzer?
a) Gen. Ulysses Simpson Grant
b) Gen. William Tecumseh Sherman
c) Gen. Robert Edward Lee
d) Gen. Winfield Scott Hancock


10. Was bedeutet „Gröfaz“, Hitlers Spitzname unter seinen Generälen?

a) Grösster Führer aller Zeiten
b) Grösster Feldherr aller Zeiten
c) Grösster Fehler aller Zeiten
d) Grösster Freak aller Zeiten

11. Von wem wurden die Flugabwehrgeschütze auf den amerikanischen und britischen Kriegsschiffen gebaut?
a) Beretta, Italien
b) Browning Arms Company, USA
c) Oerlikon Bührle, Schweiz
d) Vickers Limited, Grossbritannien


12. Welcher dieser deutschen Ingenieure hat keine Waffe des 2. Weltkriegs erfunden?
a) Ferdinand Porsche
b) Willy Messerschmidt
c) Erwin Aders
d) Gottlieb Daimler

13. An welchem Strandabschnitt der Normandie wurde am D-Day am heftigsten gekämpft?
a) Utah
b) Omaha
c) Sword
d) Gold

14. Welche dieser deutschen Militäroperationen aus dem zweiten Weltkrieg ist gar keine?
a) Unternehmen Aida
b) Unternehmen Kreutzersonate
c) Unternehmen Mondscheinsonate
d) Unternhemen Zauberflöte



15. Welcher dieser Kriege fand nie statt?
a) Der Siebenjährige Krieg
b) Der Sechstage Krieg
c) Der Fünfzigjährige Krieg
d) Der Hunderjährige Krieg

16. Welcher dieser Männer war kein Fliegerass des ersten Weltkriegs?

a) Georges Guynemer
b) Manfred von Richthofen
c) Hermann Göring
d) Jochen Marseille

17. Eines dieser Kriegsgeräte gibt es nicht, welches?

a) 8.8 cm Flak
b) B-52 Bomber
c) MG 0815
d) 1818 U-Boot

18. Welche dieser Schlachten wird in „Gladiator“ im Kolosseum aufgeführt?

a) Die Schlacht von Philippi
b) Die Schlacht von Salamis
c) Die Schlacht von Zama
d) Die Schlacht von Marathon

19. Welche dieser Personen hat kein Buch über den Krieg geschrieben?
a) Sun Tzu
b) Carl von Clausewitz
c) Dante Alighieri
d) Heinz Guderian

20. Welcher der folgenden Begriffe hat nichts mit den Samurai Japans zu tun?

a) Sashimono
b) Suomi
c) Katana
d) Kabuto

21. Wie heisst der runde Schild, den die Hopliten der griechischen Phalanx getragen haben?
a) Sarissa
b) Hoplon
c) Porpax
d) Telamon

22. Welcher dieser US Präsidenten war nie General?

a) Harry S. Truman
b) George Washington
c) Ulysses S. Grant
d) Dwight D. Isenhower

23. Wie oft unterlagen die Schweizer den Deutschen im Schwabenkrieg?

a) Nie
b) Drei mal nacheinander
c) Einmal
d) Zweimal
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G.B.Shaw

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Monday, 18. May 2009, 22:27

Gntm

Etwas zu kritisieren, was grossen Erfolg zu haben scheint, ist immer ein Tanz auf dem Vulkan. Noch schlimmer ist es, wenn das Intellektuelle tun, denn wenn sie ihren Senf zur Wurst geben, dann scheinen sie letztere eher zu adeln als dass sie die Leute zum nachdenken anregen. Roger Willemsen hat dies in der TaZ scheinbar vollbracht. Nun wird über GNTM diskutiert.

Wenn man eine Fernsehsendung verurteilt, so heisst das normalerweise, dass man sie auch gesehen hat. Man addiert somit eine Person mehr in den Zuschauerpool, der im Endeffekt über Erfolg und Misserfolg in der Glotze entscheidet. Es gibt viele Menschen, die genau jene Programme schauen, die sie eigentlich verurteilen und hassen. Sie wollen nämlich wissen was als nächstes kommt. Es ist Neugier, vielleicht auch Abscheu über jenes andere Publikum, welches seine helle Freude an einem bestimmten Format hat. Dazu kommen Personen, die einfach nur mitreden wollen oder Journalisten, Blogger oder besorgte Eltern sind.

Man könnte auch fragen, warum so viele Frauen Schundliteraturjunkies sind oder warum sie "Illustrierte Revue" lesen. Es scheint so, dass das Triviale sehr beliebt ist. Soll man deswegen alle verurteilen, die so etwas produzieren oder soll man das Publikum deswegen verurteilen? Fakt ist, dass es das Einfache, das Publikumswirksame schon immer gegeben hat, und dass es immer in Konkurrenz zum Kopflastigen stand. Gelegentlich hat es eine Symbiose von beiden gegeben, um einmal Mozart, Shakespeare, Bolero von Ravel, Klimt und Van Gogh zu nennen. Manchmal werden Publikumslieblinge vergessen, wie Gustav Freytag, Theodor Plievier, Friedrich von Flotow und Franz von Suppé. Manchmal obsiegt aber auch das Schlichte gegen das akademisch lehrende, wobei besonders die Anfänge von Impressionismus, Expressionismus und Abstraktion in der Kunst zu nennen sind. Als grosse Meister der Malerei des 19. und 20. Jh. fallen wohl den meisten Menschen nur diejenigen ein, die Abstrakt oder Halbabstrakt gemalt und skulpturiert haben.

Die Nazis versuchten ebenjene Tendenz aufzuhalten, das Rad zurückzudrehen. Dabei ist wohl heute nichts so verschwunden und verpönt wie die Nazikunst. Möglicherweise haben die Vorgaben von Nazidiktatur und kommunistischem Diktakt die akademische Malerei für eine lange Zeit in grösseren Verruf gebracht als sie es vielleicht verdient hat.
In der Literatur haben wir dasselbe. Rowohlt Senior sagte, dass ein Autor ein männliches Wrack sein müsste, um gut zu schreiben - der Hemingwaytyp. Nach dem Krieg und bis heute muss gute Literatur irgendwas mit Völkermord, Holocaust und Protest zu tun haben, um als lesenwert zu gelten. Die Reaktion: eine grosse Menge der Noch-Leser vergnügt sich bei Dan Brown, JK Rowlings, Vampir - und Fantasyromanen und allem anderen, was nicht nach Gutmenschentum müffelt.
Auch im Filmgeschäft ist noch alles beim Alten. Gut ist, was interessant genug aber nicht zu kopflastig daherkommt. Zuerst sagte man, dass die Werbeindustrie und Hollywood zu stark sind, um Autorenfilme erfolgreich zu machen. Natürlich war das kulturell dauerunterlegene Amerika schuld. Nun werden in Indien drei mal so viele Filme produziert, die genau nach demselben Schema verfahren. Dany Boon's "Bienvenue chez les Ch'tis" ist übrigens auch ein Autorenfilm und dennoch so erfolgreich wie kein anderer französischer Film in Frankreich je war (20 mio. Eintritte). Ja, selbst "Der Schuh des Manitu" ist ein Autorenfilm, wenn man so will.

Doch warum ist das Triviale so erfolgreich? Die Antwort ist simpel: die Menschen arbeiten. Bildende Kunst, Literatur und Musik war lange, zu lange auf eine (kleine) Minderheit beschränkt. Diese Leute brauchten mitnichten zu arbeiten, obwohl das durchaus der Fall gewesen sein kann. Aber es gibt einen Unterschied zwischen Verantwortung für einen bereits bestehenden Besitz oder existenzieller Verantwortung für sich selber und seine Familie. Bis zum 17. Jahrhundert war die Kirche und der Glauben essentiell für alle in Kunst artikultierte Äusserung, mit einigen Ausnahmen. Der Mensch glaubte an die Apokalypse genau so wie an den Herrgott und an die Hölle. Nach dem Dreissigjährigen Krieg nahm das Bewusstsein zu, dass es vielleicht mit der Apokalypse und dem Kaisertum doch nicht so weit her ist. Nach der französischen Revolution und den Napoleonischen Kriegen war der Adel in Europa erschüttert. Das Entstehen und Weiterbestehen der Vereinigten Staaten war ein klares Zeichen, dass eine Gesellschaft ohne Adel funktionieren kann. Der Werktag bringt mit sich, dass zusätzliche Information auf eine abgestumpftere Aufnahmefähigkeit trifft: die Information muss kurz, klar und einfach sein.

Ich will nicht behaupten, es habe eine Demokratisierung der Kultur gegeben in den letzten drei Jahrhunderten, aber es scheint als ob es seitdem in Sprache und Kultur eine permanentes Aussieben dessen gibt, was den folgenden Generationen weitergegeben werden will. Die Kulturdemokratie scheidet einen kleinen Teil der Information vom grossen Rest. Es ist nicht das Schlechte, was überliefert wird, aber es ist möglicherweise auch nicht immer dasjenige, dass mit hoher Kunstfertigkeit und Philosophie vollbracht wurde. Fast immer ist es das schlichte Schöne. Ohrwürmer, Bilder, die man nie vergisst, Bücher und Dramen mit zwei bis drei eingängigen Sätzen und Aussagen. Ödipus, Medea und Antigone sind Dramen aus der Griechenzeit, aber behandeln auf irgendeine Weise zeitlose Fragen. Sie sind kurz, klar und dramatisch. Es gibt wenig zu missverstehen.

Manchmal ist es eine spezifisch eingängige Form, die so gut wirkt, dass man die Banalität darob zu vergessen scheint, das typischste Beispiel sind Pop- und Rocksongs. Eine gut erkennbare, schöne Melodie mehrmals abgespielt, und schon hat man einen Ohrwurm. HipHop profitiert von einem Melodiemotiv, vor dem gerappt wird, das erlaubt die Unterscheidung von einem Song zum anderen. Filmmusik konzentriert sich auf ein oder wenige Motive, die immer wiederholt werden. Das führte auch dazu, dass die klassische Musik in einem Dilemma steckt: sie wiederholt das Alte. Wenn sie etwas neues wagt, dann wird es meistens vergessen oder zum Musical. Gelegentlich geschehen tatsächlich Wunder, wird etwas komponiert, was dermassen gefällt, dass es nicht vergessen werden kann und darf, auch wenn es so trivial erscheinen mag, wie CATS.

Germany's next Topmodel hat sicher kaum Erinnerungs - oder Bewahrungsanspruch. Es ist eine Sendung für die Gegenwart und kurz danach. Dass die Leute schnell vergessen kann man ja damit testen, ob sie die letzten Gewinnerinnen aufzählen und nennen können. Man sollte die Sendung sein lassen wie sie ist, sie wird so oder so innert Kürze vergessen werden. Wer aber diese Maus zum Tyrannosaurus redet, muss sich nicht wundern, wenn der Vergessenheitsprozess verlangsamt wird.
"You see things; and you say why? But I dream things that never were; and I say why not."

G.B.Shaw

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Jack« (18. May 2009, 22:36)


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Tuesday, 26. May 2009, 17:05

Ein paar Anmerkungen zum Sozialranking

Ein paar Anmerkungen zum neusten Ranking, diesmal dem EU-Sozialranking, (Quelle: Zusammenfassung in Spiegel Online http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,626765-4,00.html Originalquelle: Berlinpolis)

Link zur Quelle: http://www.berlinpolis.de/fileadmin/Down…ruckfassung.pdf
Herkunft der Quelle: Dr. Daniel Dettling, Markus Becker, Herausgegeben bei Berlinpolis.

Die Hauptfrage der Studie "Wie sozial ist Europa" beschäftigt sich mit dem Erfolg der einzelnen Mitgliedstaaten im sozialen Bereich und sogleich auch mit "was können die anderen von ihnen lernen".

Dabei sollen folgende fünf Dimensionen mit 35 Indikatoren untersucht werden:
1. Einkommensverteilung und soziale Absicherung
2. Inklusion in den Arbeitsmarkt
3. Bildungs- und Ausbildungschancen
4. Geschlechtergleichstellung
5. Generationenverhältnis

Nun fragt sich natürlich, welche Dimensionen nicht berechnet werden, bzw. auf welche Basisdaten, Werte oder Parameter sich die Studie stützt. Die Indikatoren sind diejenige, welche schon in der Vorgängerstudie 2006 mit in Betracht gezogen wurden. Jene Studie wurde von der Hans Böckler Stiftung (Das Forschungsinstitut des Deutschen Gewerkschafts Bundes DGB) in Auftrag gegeben. Die Unabhängigkeit ist also durchaus in Frage zu stellen. Es ist nun also klar ersichtlich dass diese vom Spiegel untersuchte Studie keinesfalls ohne politischen Hintergrund ist, und warum gerade jene fünf Dimension sich so stark auf das Ranking auswirken.

Es fehlt zum Beispiel ein grundsätzlicher Vergleich von Bevölkerung, Bevölkerungsdichte und Migration, die Indikatoren welche eine klare Interpretation der gegenwärtigen Demographie eines Landes ausmacht.
Fehlen tut auch ein Vergleich von Einkommen, Steuerbelastung, Kaufkraft und Staatshaushalt. Damit kann man einschätzen, wieviel Geld den Leuten übrig bleibt von ihrem Lohn, wieviel Einkommen also grundsätzlich zur freien Verfügung steht. Denn schlechtere Chancen hier und dort heisst vielleicht auch, dass man eigentlich die Möglichkeit zur Verbesserung der eigenen Situation hätte, sie aber aufgrund anderer Möglichkeiten vernachlässigt.

Gewinner sind die Länder, welche die höchsten Werte in den fünf Dimensionen erreichen. Es sind: Schweden, Dänemark, Niederlande und Finnland.

Aber schauen wir uns eine einzelne dieser Dimensionen einmal an, nämlich das Generationenverhältnis
Hierzu wurden die sechs folgenden Indikatoren berücksichtigt: Geburtenrate, Anteil junger Menschen an der Gesamtbevölkerung, Altersabhängigkeitsverhältnis, Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer, Erwerbsaustrittsalter, Schuldenstand der öffentlichen Haushalte.
Die Staatsverschuldung ist also hier berücksichtigt, wahrscheinlich weil dies sich negativ aus die kommenden Generationen auswirken dürfte. Punkt 38 betrifft die Rente mit 61. Hierzu wird gesagt: "Das durchschnittliche Erwerbsaustrittsalter kann auf verschiedene Weise interpretiert werden. Liegt es besonders niedrig, so kann dies als soziale Errungschaft gewertet werden." Die Betonung liegt auf KANN, aber es muss nicht so sein. Welcher Mensch will schon mit 61 pensioniert werden? Männer vielleicht, die in Bergwerken arbeiten, im Baugewerbe, in Stahlwerken. Aber wenn man bedenkt, dass der Dienstleistungssektor immer grössere Anteile hat, so kann man sich kaum vorstellen, dass die Leute schon mit 61 in Rente gehen wollen. Es gibt den Indikator von "wer will und wer will nicht" leider nicht. Es gibt erzwungene und nahegelegte Frühpensionierungen und es gibt natürlich auch krankheitsbedingte Frühpensionierungen. Eine Person die mit 61 schon aufhören will mit arbeiten hat die durchschnittliche EU Lebenserwartung von 78.9 Jahren (Frau und Mann) vor sich. Das heisst, dass sie oder er im Durchschnitt 18 Jahre Rente beziehen bei 41 Jahren Arbeit.

Punkt 35 zeigt es auf: Das Sozialsystem lastet auf immer weniger Schultern. Wird das System besser, wenn man wieder mehr Schultern generiert?

Ist die Geburtenrate klein, so verschlechtert sich das Einkommen entsprechend. Es ist also logisch, eine gute Geburtenrate als Indikator für das Sozialranking einzuführen und so ist es auch. Tabelle 33 gibt die Fertilitätsrate wieder. Je höher desto besser. Zum Glück hat kein Land eine Fertilitätsrate von mehr als 2.1! Denn jedes Prozent mehr würde irgendwann einmal unweigerlich zu Überbevölkerung führen. Die Franzosen kommen 1.98 dem schon am nächsten. Die Durchschnittsimmigration nach Europa soll 0.15 Prozent betragen.

Aber warum muss eigentlich die Bevölkerungszahl gehalten werden? Nur um die Rente der Alten zu bezahlen? Das kann es nicht sein. Ich sehe in der gegenwärtigen Masse an Menschen durchaus keinen Vorteil, der Resourcenverschleiss ist definitiv zu hoch. Wünschenswert wäre eher eine Abnahme der Bevölkerung auf ein für Natur und Umwelt erträgliches Mass. Wir verbrauchen zu viel Biomasse und Energie, das herkömmliche Denken von Prosperität und Wachstum sollte einmal überdacht werden, schliesslich basiert der Gedanken an Pension und Rente auf Ideen des letzten Jahrhunderts.
Insofern widersprechen sich also Rentenalter 61 und die Forderung nach mehr Fertilität durchaus nicht, aber sie führen zu einem Teufelskreis. Wenn es also in Punkt 35 heisst: auf 100 Arbeitstätige kommen 30 Senioren so, kann man sogar rein statistisch bessere Werte erzielen, wenn man das Rentenalter nicht senkt, sondern auf 67 Jahre anhebt. Wir wissen alle, dass bei Rentenalter 67 entsprechend Arbeitsplätze anderswo fehlen. Denn auch die Wirtschaft ist nichts anderes als ein System, ein Kreislauf: es ist der Kreislauf von Gütern, Geld und Arbeitskraft. Wird am einem Ende etwas genommen fehlt es irgendwo anders.

Seltsam ist auch das "Altersabhängigkeitsverhältnis" von Tabelle 35. Dies wird errechnet aus der Zahl der Senioren im Verhältnis zur Zahl der Personen im Arbeitsalter. Es wird hier also lediglich die Anzahl Personen die arbeiten könnten berechnet, nicht jedoch die Zahl der tatsächlich angestellten und deren Einkommen und deren Einkommen im Verhältnis zum Gesamteinkommen. Viele Alte und wenig Junge, wird logischerweise zu einem schlechten Ergebnis führen, das Umgekehrte zu einem guten. Nur müssen die jüngeren a) Arbeit haben und b) davon so leben können, dass sie damit auch die Rente der Alten bezahlen können. Ist auch noch c) das erarbeitete Einkommen zu niedrig führt das zu Unzufriedenheit und Abwanderung.
Tabelle 36 ist sogar lediglich eine Prognose für das Jahr 2050, also 41 Jahre in die total ungewisse Zukunft. Es gibt Wissenschaftler, die behaupten, dass sich durch Informationsverdichtung und Computertechnologie die Forschung noch einmal beschleunigen wird. Wir gegenwärtigen vielleicht auch noch eine gigantische ökologische Katastrophe, von Politik und Wirtschaft gar nicht zu reden.

Als Fazit gibt die Studie zu Papier: "Ohne einen effektiven und erfolgreichen Sozialstaat wird das europäische Modell gegenüber dem amerikanischen und asiatischen Modell nicht aufrechtzuerhalten sein."
Es ist zu bedenken, dass es EIN asiatisches Modell nicht gibt, denn die asiatischen Staaten sind nicht nur sehr unterschiedlich in kultureller und ökonomischer Hinsicht, sie agieren auch individuell, weil es eine EU für Asien nicht gibt (Asien beginnt in der Türkei und hört in Indonesien/Japan und China auf notabene), der Unterschied zwischen 500 Mio. EU Bürgern und Asien beträgt auch 3.5 mia. Menschen! Wir wissen auch nicht, wer seinen Sozialstaat in Zukunft besser anpassen sollten: USA, asiatische Staaten oder die EU. Ebensowenig können wir sagen, was passiert wenn eine Wirtschafts- oder Finanzkrise ein Land wie China, Indien oder Malaysien stark erschüttern würde. Wir haben es in Japan gesehen und sehen immer noch wie das Land unter der LETZTEN Krise aus den Neunzigern leidet, obwohl scheinbar viele Bereiche des täglichen Lebens stabil zu sein schein.

Es geht nicht um das Zerzausen einer Studie sondern darum, aus welchen Parametern sie erstellt worden ist. Wie werden die Zahlen interpretiert oder welche Ergebnisse werden wie erzielt. Da alle Werte aus Statistiken stammen, so muss man anschauen welche Statistiken in welcher Relation zu einander stehen. Und hier zeigt sich, dass sich das ganze Gebilde durchaus subjektiv deuten lässt, ja deuten lassen muss. Im Endeffekt muss man beinahe davon ausgehen, dass die Leute in Südeuropa ein grundsätzlich schlechteres Dasein fristen als die Menschen im Norden. Man merkt, dass es einzelne Staaten besser, ja viel besser machen, aber im Endeffekt auch nur auf den Staatsbankrott hinaus leben, wie z.B. Irland (Rang 7) oder Frankreich (Rang 11). Ich bin immer noch der Meinung, dass sich ein 5 mio. Kopf Land wie Dänemark und Finnland besser regieren lässt als ein 82 mio. Koloss. Die gut abschneidenden Länder haben zusammen nicht die gleiche Anzahl Einwohner wie Deutschland. Auffällig ist das gute Abschneiden des Vereinigten Königreichs (Rang 6), über dessen Ghettoisierung erst kürzlich ein sehr trauriger Bericht in "Das Magazin" zu lesen war.

Im Endeffekt bleibt die Erkenntnis, dass Skandinavien wieder mal ganz vorne ist. Hat man es anders erwartet? Nein. Sollten wir es den Skandivnaviern gleich tun? Man lese die Studie am besten selber einmal durch.
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Tuesday, 26. May 2009, 18:15

Ich hab jetzt grad wieder viel geschrieben - aber ich lass es mal lieber und wünsche dir einfach weiterhin viel Spaß bei der Betätigung als Ökonom - ich kann dir nur ein Wirtschaftsstudium ans Herz legen, es würde dich wirklich interessieren und ich glaub auch begeistern.

(Das asiatische Modell meint zu 99% die ASEAN+ Staaten, die eine sehr homogene ökonomische Struktur aufweisen)


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Tuesday, 26. May 2009, 19:52

Nun aber muss man bedenken, dass in der ASEAN die Kernländer Japan, China und Südkorea fehlen. Taiwan ist auch noch zu erwähnen, auch wenn dessen Souveränität eine Problematische ist, wie wir wissen. In der ASEAN Plus sind diese Länder zwar vertreten, doch fehlt immer noch Indien, ausserdem scheinen die ASEAN Plus Länder lediglich konsultativen Charakter zu haben.

Ich kenne mich mit der Struktur der ASEAN und ASEAN PLUS nur durch eine Lektüre der Wikipedia aus, aber die EU ist ja auch nicht nur ein Wirtschaftsraum, in dem lediglich - wie du sagst- die ökonomischen Strukturen ähnlich sind. Die EU hat indes fast durchgängig ähnliche Regierungs- und Rechtsformen.
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Tuesday, 26. May 2009, 21:14

Deshalb schreib ich ja das sich der Satz in der Studie wahrscheinlich auf ASEAN+ bezieht und Länder wie Indien mal außen vorläßt - die rein auf Sozialstaatlichkeit hin keinen sonderlich guten Vergleich ergeben würden, wohingegen die ASEAN + Staaten oder auch die NAFTA sich recht gut als Vergleichsbasis heranziehen lassen.

Japan und China haben in der ASEAN in jedem Fall Funktionen die über beratenden Charakter hinausgehen. Keine Freihandelszone wie die ASEAN selbst, aber zumindest ähnlich einer Zollunion. Das weiter auszuführen braucht aber knapp 30 Seiten.

Die sozialen Strukturen in den Ländern der ASEAN lassen sich übrigens sehr gut vergleichen mit der EU (es gibt hier Länder die hinterherhinken und Vorreiter die sie partizipieren lassen und vor allem durch den Freihandel die Möglichkeit einräumen nachzuziehen - von daher meine Annahme das der Autor des Textes am ehesten auf die ASEAN abzielen könnte mit seiner Fazit Behauptung)


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Monday, 8. June 2009, 16:07

Europawahlen, Information, Debakel

Die Europawahlen waren ein Debakel vor allem für die diversen Sozialdemokratischen Parteien, aber im Endeffekt auch für die Medien selber und für die Politik an sich. Hier ein paar Gedanken von meiner Seite.

Zwanzig Prozent Wahlbeteiligung sind so tief, dass das nicht nur Politikverdrossen aufzeigt, sondern mehr noch ziemliches Desinteresse. Offenbar sind nationale Wahlen viel wichtiger als die Wahlen ins europäische Parlament. Möglicherweise ist den Leuten auch klar geworden, dass in der EU die Machtverhältnisse über die jeweiligen Landesregierungen und deren Kollegen in anderen Ländern laufen. Was in der EU geht, und was nicht geht, entscheidet nämlich immer der einzelne Souverän, EU Verfassung hin oder her. Die tiefe Wahlbeteiligung kennen wir aus der Schweiz recht gut. Je öfters man zur Urne gebeten wird, desto weniger wird abgestimmt, und sagen wir es so: nirgendwoanders geschieht das in dieser Intensität. Ich befürchte auch, die meisten Menschen interessieren sich überhaupt nicht für das, was ausserhalb ihrer Landesgrenzen passiert, gelegentlich nicht einmal für das, was ausserhalb ihres Gartenzauns geschieht. Ergo sind die einzig interessanten Wahlen Deutschlands die Landtagswahlen und die Bundestagswahlen.
Politikverdrossenheit kann man schwer beweisen, selbst mit einer tiefen Wahlbeteiligung nicht. Auf die diversen Meinungsinstitute ist schon länger kein Verlass mehr, sie haben zu oft versagt und wären eigentlich obsolet, wenn die Journaille ihrer nicht bedürfte um die Politikspalten zu füllen. Aber dann kommt natürlich das Problem, dass es ohnehin immer weniger Zeitungsleser gibt. Seattle in den USA ist eine der ersten grösseren Städte ohne Zeitung, liest man, die Weltwoche nennt San Francisco, das ebenfalls Gefahr läuft, auf eine sehr alte Institution der Informationsbeschaffung verzichten zu müssen. In der Schweiz verlieren die Tageszeitungen rapide an Boden, lediglich zwei dünne Gratiszeitungen sind erfolgreich: "20 Minuten" und "Blick am Abend". Sie bringen Informationen mit Bildern und in Kurzform, kaum anders als von Reuters und AP geliefert. Dafür braucht es keine ausgebildeten Journalisten von der MAZ mehr. Das Internet bringt die selben Infos schneller, mit ebenso einfachem Griff zu Wikipedia falls Bedarf hierfür ist. Die Meinungsmache per Zeitung und Magazin verliert an Boden, und das ist nicht einmal so schlecht. Der ganze Blätterwald wird hierzulande sowieso von Tamedia und Ringier kontrolliert, was dazu führte, dass zu gewissen Themen immer nur eine Meinung zu lesen war. Der neuerkorenene Mister Schweiz zeigte erst kürzlich, dass man als junger Mann überhaupt nichts lesen können muss, um trotzdem Erfolg zu haben.

Viel krasser geht es in Italien zu und her. Verbissen kämpf(t)en Zeitungen und Fernsehen gegen Berlusconi, und den Kampf gewann bisher immer der Sonnyboy. Ob Scheidung, Affäre, Desinteresse an Europa oder unpässlichen Sprüchen, der Kerl hält sich an der Macht, vom Volk gewählt. In Deutschland und in der Schweiz werden die südlichen Nachbarn gern als tumbes Wahlvolk abgekanzelt, denn das scheint die einzig einleuchtende Antwort zu sein. Natürlich trifft die Kritik auch die Österreicher mit ihrem Hang zu Rechtspopulismus oder auch die Schweiz mit ihrer SVP. Früher fletschte man gegen Sarkozy als er gegen Segolene Royal antrat. Inzwischen hat er Carla Bruni als Schutzschild, genau wie Merkel Seehofer und Guttenberg als Schutzschild hat. Fakt ist: auch Deutschland ist tief im populistischen Sumpf. Welches andere Land in der EU hat noch eine legal wählbare Partei, die in der Vergangenheit so viel Leid über das Land gebracht hat? Dennoch: die Linke ist gewählt, sie ist legal und sie ist präsent. Es sind nicht die ganz Dummen, welche die ganz Linken wählen, denn die ganz Dummen sind nicht einmal befähigt zu wählen. Nein, es gibt halt Leute, die eine Partei wählen, die ihnen nun einmal behagt. Ob das den Intellektuellen nun gefällt oder nicht.

Der Grund für den Fall der deutschen Sozialdemokratie ist die Anbiederung mit der Mitte, welche immerhin dazu führte, die nichtendenwollende Herrschaft Kohls zu fällen. Dies gab der neuen Linken den nötigen Schub, und heute ist diese populistische Partei fester Bestandteil jeder Landtagswahl und im Bundesttag. Die Grünen haben ebenfalls eine treue Wählerschaft. In der Schweiz verliert die SP übrigens auch immer mehr Sitze, während die Grünen zu legen. Im Endeffekt hätte es in Deutschland 2004 mehr als 50% Wahlstimmen für SPD/Grüne und Linke gehabt, aber der Eiertanz der SPD mit ihrer verruchten Halbschwester schadet immer nur der Grösseren. Da hätten sie Roland Koch in Hessen vom Thron stürzen können, aber haben so lange rumgeiert, bis Ypsilanti ganz weg vom Fenster war und Koch stärker als vorher da stand. Meiner Meinung nach muss die SPD in Zukunft als Stärkste von drei Parteien des linken Spektrums agieren, viel Macht teilen, aber immer zwei bis drei der wichtigsten Gremien mit Persönlichkeiten besetzen. Die grosse Koalition scheint mir nicht wirklich der Grund zu sein, für die Schlappen der Roten, sondern die Kämpfe am linken Rand. "Es gibt nichts, was rechts aussen von der CDU/CSU stehen darf". Damit hatten die Schwarzen bis jetzt tatsächlich Glück, und das macht sie stärker als die SPD. Irgendwann kriegen aber auch die Deutschen ihren Haider, ihren Le Pen oder Fortuyn. So lange die aber die Linke IST, so lange wird die SPD unterlegen sein.
Das waren lediglich Europawahlen, aber die Bundestagswahl kommt ja auch schon in drei Monaten. Ich mache hier nicht den Propheten, wenn ich sage, dass Schwarz/Gelb vor der Tür steht, auch wenn sie zusammen nur 49% oder 48% erreichen. Bei der SPD und bei den Grünen gibt es zu viele Freigeister, die Parteiendisziplin nicht kennen und aus innerer Überzeugung einfach mal Abseits stehen oder das Gegenteil dessen tun, das sie tun müssten. Das Rebellische ist manchmal so stark, man überlässt lieber dem Feind das Feld, bevor man einmal in seinem Leben ein Zugeständnis machen könnte. 2005 hat das Volk den drei linken Parteien den Ball zugespielt, ich zweifle, ob es das 2009 wiederholt, vor allem bei einer nicht unpopulären Angela Merkel, die vielleicht gelegentlich an Führungskraft ermangelt, die aber immerhin auf andere hört, bevor sie sich zu irgendwas hinreissen lässt. Mehr Profil und Charakter als Steinmeier hat sie jetzt schon.
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Monday, 8. June 2009, 18:21

Beteiligung war bei ~43% soweit ich weiß. Ist immernoch superwenig - aber wen wunderts wo unsre Parteien die Europawahl quasi zum Probelauf für die Bundestagswahl abgestempelt haben.
In den andren Ländern war wohl das Interesse der Parteien an dieser Wahl ähnlich "lax"


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Monday, 8. June 2009, 18:59

Es gab einfach kein europäisches Thema, das die Leute interessiert hätte. Die meisten sind eher aus Pflichtempfinden hingegangen, so zumindest die bisherigen Auswertungen, die ich gelesen und gesehen habe. Die Kritik an den Medien kann ich nur bedingt nachvollziehen. Gerade ARD, ZDF und vor allem Phoenix haben ja nun wirklich in großem Maße in Vorbereitung der Wahl berichtet. Zeitungen kann ich nicht beurteilen, dafür lese ich zu unregelmäßig.

Berlin ist nun europäisch schwarz oder so, verrückte Westberliner halt. :p

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Friday, 19. June 2009, 14:16

Iran

Der Iran und die Iraner sind für uns ein Rätsel, für viele auch ein rotes Tuch, eine Gefahr. Wenn man vom Iran spricht, so verstehen darunter heutzutage viele nur noch die Bilder der Imame Ayatolla Chomeini und Chameinei, die unwürdigen Schauspiele von öffentlichen Hinrichtungen, sich geisselnden Schiiten, Fatwa gegen Rushdie, Frauenbatallione und Kindersoldaten. Wir dürfen nicht vergessen, dass seit der Revolution und dem Sturz des Schahs der Westen immer auf Seiten der Feinde Irans war, sei es zusammen mit Saddam Hussein, Israel oder den Kurden. Würden wir die Iraner als Nachfolger des sehr alten Volkes der Perser ansehen, das sie tatsächlich auch sind und sich als dieses verstehen, so hätten wir den selben Respekt vor ihnen wie für die Griechen, Juden und Osmanen/Türken, alte Völker mit grosser Tradition. Auch wenn sich noch so viel verändert hat, benutzen diese Völker noch immer die Sprache, die sie vor hunderten oder tausenden von Jahren gesprochen haben. Auch das Persische wird noch gesprochen, es wird lediglich mit arabischen Schriftzeichen geschrieben.

Die Islamische Revolution, die dreissig Jahre alt ist, war in der Tat eine Revolution. Es war kein Putsch, ein Auswechseln von einem Potentat zum andern. Der Umsturz veränderte das Leben der Iraner grundsätzlich. Gottesstaat nennt sich diese Theokratie, wo statt eines Gesetzbuches der Koran als Grundgesetz und Wort gilt. Man muss aber konstatieren, dass diese Staatsform wohlmöglich nur mit einer Massenbasis erreichbar war und bis heute aufrechtzuerhalten ist.

Vielleicht erleichtert das Erdöl die Aufrechterhaltung dieser Art von Gesellschaft, genauso wie sie es in Saudi Arabien oder anderswo tut. Der Antisemitismus ist verbreitet und wird verbreitet, wie auch anderswo in der arabischen Welt, auch wenn es sogar eine Jüdische Gemeinde mitten in Theheran gibt. Nicht dass es entschuldbar wäre, aber dass die Israeli in dieser Weltgegend keine Freunde haben, ist nichts neues. Nun ist der Iran zwar eine Theokratie, aber der Besitz von westlichen Gütern ist trotz allen Versuchen ihn zu kontrollieren, verbieten oder zu unterbinden, Privatsache. Schleichende Öffnung gegenüber dem Westen und dem Osten wird schon länger thematisiert, nicht erst seit der Präsidentschaftswahl. Schon Achmadinedschads Vorgänger, Mohammad Chatami, versuchte sich in Reformen. Abgesehen vom Bärtchen ist Achmadinedschads Auftreten durchaus westlich. Das iranische Atomprogramm ist ebenfalls keine Erfindung des jetzigen Präsidenten sondern eine Errungenschaft, die offenbar im ganzen Land als positiv antizipiert wird.

Wir können nicht verhindern, dass auch Staaten wie der Iran über Atomartechnologie verfügt oder sogar die Atombombe. Das Land gehört zu den bevölkerungsreichsten Ländern überhaupt, es gibt sogar eine (wenngleich beschränkte) Demokratie. Indien hat die Bombe, Pakistan auch, Israel wohl auch. Wir sind nicht die "Erwachsenen" und "Erleuchteten" dieser Welt, die anderen Ländern zu sagen haben, was sie zu tun haben und was nicht. Nur weil uns diese Art von Energie nicht behagt, heisst das noch lange nicht, dass andere dasselbe empfinden müssen. Achmadinedschad macht also gar nicht so viel falsch in den Augen der Iraner, er ist vor allem für den Westen unerträglich. Antisemitismus, so falsch wie er sein mag, ist im Iran und auch in Ostasien kein Verbrechen. Es ist nicht so, dass sie sich die Welt vor dem Mann fürchtet, es ist der Westen.

Die Ausschreitungen dieser Tage scheinen mir mehr ein Reflex auf die augenfällige Fälschung der Wahl zu sein. Viele Menschen mögen sich in den Hinterhöfen oder in ihren vier Wänden mit ihrer Privatheit zufrieden geben und werden wohl auch einigermassen in Ruhe gelassen. Aber augenscheinlich übers Ohr gehauen, werden auch die Iraner nicht gerne. Ich bin mir sicher, dass sich der Iran eines Tages wieder ganz öffnen und seine Theokratie in den Wind schiessen wird, aber ich weiss nicht, ob das in der nächsten Zeit passiert. Für so etwas braucht es die Stärke und die Wucht der Masse. Vielleicht braucht es noch mehr Zeit, diese aufzubauen, vielleicht ist sie auch schon da.
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Monday, 29. June 2009, 00:38

Steuersenkungen

Steuersenkungen

Die Verschuldung Deutschlands nimmt zu, derzeit beträgt der Schuldenstand 1.65 Billionen Euro. Gleichzeit sichert die Union zu, dass es keine neue Steuererhöhung geben wird. Man plant sogar Entlastungen, ohne allerdings konkreter zu werden.

Das erinnert an die USA, wo vor Obama in den letzten Dekaden kein Präsidentschaftskandidat es gewagt hatte, Steuererhöhungen anzukündigen. Kostspieliges Militär, Konfliktsituationen im Ausland, stagnierende Wirtschaftszahlen und wachsender Schuldenberg bringen die amerikanische öffentliche Hand arg in Bedrängnis. Das Problem wird vergrössert durch demokratische Wahlen. Der Wähler kann von sich aus keinen Krieg vom Zaun reissen, er kann nur diejenigen wählen, die ihn als nächstes regieren. Da er kann nicht eingreifen, er kann nur zur Kenntnis nehmen. Ich weiss nicht, ob der normale Bürger im Stande ist, Entscheidungen für die Allgemeinheit zu treffen, die erst Jahrzente später spürbar sind.

Die Menschheit lernt meistens erst dann wenn es zu spät ist, viel zu sehr ist sie auf die Gegenwart oder die sehr nahe Zukunft fokussiert. Es gibt einige Kassandras, doch deren Stimmen werden überhört, sobald es um die eigene Tasche, das eigene Haus, die eigenen Interessen geht. Dass wir auf Pump leben, wissen wir nicht nur aus den Haushaltszahlen unserer Länder, sondern sehen es an der Natur und deren Zustand. Um einmal den vielgescholtenen Al Gore zu nennen: es braucht "Leadership", Führungskraft, die stark genug ist, Wahrheiten auszusprechen, auch wenn sie schmerzen. Obama wurde nicht nur gewählt, weil es gerade schick ist, einen Schwarzen ins Präsidentenamt zu hieven oder weil Bush die Republikanische Sache abwrackte. Der Mann hat das, was man Charisma nennt, er ist überzeugend und wirkt ehrlich.

Ich habe hier schon öfters von der Steuerlast geschrieben, die auf deutschen Schultern lastet. Von dem kleinen Einkommen, was am Ende zurückbleibt bei so vielen Bundesbürgern. Wer kann, wer ausgebildet ist, versucht sein Glück bei uns in der Schweiz. Steuererhöhungen andererseits würden das Budget der Leute noch einmal schmälern. Das will logischerweise kaum jemand. Dennoch, so fragt man sich, baut man eine Elbtalbrücke und verzichtet man hierfür sogar auf ein bedeutendes Label als Weltkulturerbe? Ist China nun in Deutschland oder was? Natürlich spart man mit neuer Brücke und neuer Autostrecke eine Menge Zeit, aber andererseits baut man diese Brücke auf Pump, denn nichts ist so am Boden wie die Staatskassen Sachsens und des Bundes: 156 mio. Euro mit Handkuss an die nächsten Generationen überreicht, von den toxischen Papieren der ehemaligen SachsenLB, für welche das Bundesland bürgte, will ich hier nicht reden. Ob der UNESCO Titel erheblich ist oder nicht, die Dresdner haben gegenüber den Forderungen der UNO etwa so viel Verständnis wie die weiland George W. Bush derselben Organisation gegenüber. Die Bequemlichkeit und Gier, sind dereinst genau die Gründe, weshalb diese Welt vor dem Klimakollaps stehen dürfte. Die Sachsen hätten ohne Elbtalbrücke nichts verloren, so aber gewinnen sie ein wenig Zeit, verlieren viel Geld und verschandeln die Natur und hinterlassen Schulden. Das Problem lag eher daran, dass eine Art Landflucht im Gang ist und die Stadt Dresden damit kaum klar kommt. Die Stadt wird noch mehr Leute anziehen und mehr Strassen bedeuteten bis jetzt nie weniger Verkehr sondern, sondern einfach mehr verstopfte Strassen. Die Antwort liegt aber beim öffentlichen Verkehr und in der besseren Konzentration von Personen im Verhältnis zu fahrbaren Untersätzen.

Das ist vielleicht nur ein Beispiel für das Land Deutschland, vielleicht war es sogar das Falsche, aber es zeigt, dass man für Kleinstvorteile gewilligt ist, Einsichten über Bord zu werfen, die Zukunft vielleicht allzu bereitwillig der Gegenwart opfert, weil nach uns ja die Sintflut kommt.
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Monday, 29. June 2009, 00:46

Also den Bau der Elbtalbrücke find ich kein gelungenes Beispiel - ich hätte da eher über die toxischen Wertpapiere geschrieben die sich der Staat von den fehlwirtschaftenden Banken und Spekulanten aufdrängen läßt.

Der Bau der Brücke sichert ne Menge Arbeit und die hat ja bekanntlich einen Multiplikatoreffekt.
Spich mehr Leute haben Arbeit, weniger verbrauchen Arbeitslosenhilfe, es wird mehr Konsumiert von denen die Arbeit haben, das schafft und erhält wieder Arbeitsplätze .... wers genau wissen will soll Keynes lesen, musste ich auch :o)

Naja in jedem Fall finde ich die Wertpapiere viel verwerflicher - und was unsre Regierungskoalition da momentan verzapft - naja das ist mal weit weg von jeder Realität, da hast du vollkommen recht.
Aber ich bin mir sicher ~55 bis 65% (CDU+CSU+SPD+FDP und - die Warmluftvereine halt) glauben ihnen oder wählen sie trotzdem obwohl die so einen Käs reden vor der Wahl, das is noch viel schlimmer (und am besten mit der Begründung die man in Bayern zur Perfektion gebracht hat: "I hob de scho imma gwählt seit mia koan König mehr ham, deshalb wean de jetzt a gwählt!."


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Sunday, 5. July 2009, 06:49

gewalt prügel schlägereien

Gewalt, Prügel und Schlägereien

Ich erzähle zuerst einmal ein lustig‘ Geschichtlein, welches nicht mir sondern meinem Vater vor ein paar Jahren passiert ist. Wie so oft stand ein fremdes Auto auf den Parkplätzen unserer Firma im schönen Städtchen, das sich offiziell kurioserweise als Barockstädtchen zu erkennen gibt, obwohl niemand weiss, was daran barock sein soll. Auf jeden Fall konfrontierte der Papa den Besitzer des Wagens als der mit seiner Kumpanei tatsächlich auftauchte. Der Italiener und seine Kumpels aus dem Armenviertel Zuchwil, wo immerhin schon Michelle (nicht Obama, aber Hunziker) aufgewachsen ist, liessen sich nicht lange bitten und liessen ihre Fäuste und Beine sprechen, was wohl nötig war, wenn man zu dritt gegen eins in der Unterzahl ist. Zum Glück passierte nichts schlimmeres.
Da es in diesem Land auch irgendwann man ein funktionierendes Justizsystem gab, wurde noch am selben Abend die Handynummer unseres guten Freundes und Anwalts gewählt, um sich juristisch beraten zu lassen. Die Antwort war lapidar: da kann man nichts machen. Ersten fehlen Zeugen, zweitens stehen dann Aussage gegen Aussage, drittens braucht es viel herbere Verletzungen oder lebensgefährliche Verletzungen, damit es sich überhaupt lohnt etwas zu unternehmen. Das einzige, was man tun kann, ist wenn man einfach Leute anheuert, welche der Zielperson die Fresse poliert oder schlimmeres. Eigentlich dürfte ich dies ja gar nicht erzählen, fällt mir auf, denn es brauchte schon viel, die Einzelheiten aus dem einen oder anderen Elternteil herauszupressen. Die Person ist auf jeden Fall identifiziert, aber ich darf nicht wissen wer es ist.
Es ist wohl gut, dass in meiner Familie und bei uns in der Firma niemand weiss, mit wem ich so die Bekanntschaft mache, hier in der Stadt am Rhein. Ich bin viel mit Leuten zusammen, die Schlägereien sehr cool und toll finden. Selbst Mittelstandskinder finden die Oberprügler vom Fach etwas, was man anbeten muss, huldigen muss. Dass nach dem missglückten Finalspiel FCZ gegen FCB im Joggeli vor zwei Jahren, der grosse Knall zu erwarten war, wussten viele. Noch vor dem Spiel wurde gross angekündigt, dass es erhebliche Randale geben würde, wenn die Basler im eigenen Stadion von ihrem Intimfeind geschlagen werden würden. Fakt ist, die Fans der Muttenzer Kurve haben ein höheres Ansehen als viele glauben möchten. In all den Jahren in Basel, bin ich um Schlägereien herumgekommen, selbst als ich sie provoziert habe, als ich einem jungen Palästinenser ins Wort fuhr, der vor versammelten Hooligans für antisemitische Stimmung sorgen wollte. Ein noch stärkerer „Freund“ von mir sorgte dafür, dass es nicht dazu kam. Nichtsdestotrotz wundert es keinen, dass Hooliganismus, Pseudo-Neonazitum und Bildungsferne ein Dreieck bilden. Normalerweise, und das sollte ich nun als Fairness anmerken, bleiben die Hooligans genauso unter sich mit ihren Gewaltritualen, wie Ausschreitungen zum 1. Mai gehören oder Autos zerdeppern zum Alltag in Berlin.
Andere Freunde von mir hatten weniger Glück, und es leider nicht wahr, dass es nur die trifft, welche das blaue Auge auch suchen. Wer eineinhalb Jahrzehnte Basler Nightlife hinter sich hat, weiss, dass jedes Wochenende irgendwo was passierte. Die Polizei registriert nicht alles, wie auch nur das Wenigste dazu führt, dass die Ordnungswächter auch gerufen werden. Haue geschieht meist blitzschnell und ohne Vorwarnung oder sie wird auch ohne jeden ersichtlichen Grund angedroht. Ein guter Freund von E. erzählte erst kürzlich im Zug, wie er denn Schaffner per Kopfstoss zu Boden brachte, weil dieser auf Vorzeigen des Tickets bestand. Er war sehr stolz darauf, ich fand es mehr als lächerlich. Die meisten Prügler sind mindestens in der Überzahl oder machen den Gegner kampfunfähig, bevor sich diese wehren können. Selbst ein geübter Strassenkämpfer wie ein Freund von mir, musste im McDo zum Handy greifen als er von einem Milchbubi provoziert wurde, weil er an Stöcken ging. Die meisten neigen dann zu Gewalt, wenn sie sicher sind, dass sie gewinnen. Das beste virtuelle Beispiel hierfür sind Server mit sogenanntem open pvp.
Lange Zeit sah es so aus als würden die Schläger nie belangt werden können für ihre Taten, ausser ihre Opfer sind tot oder für immer kaputt. Kameras in Bussen, Trams öffentlichen Plötzen sind ein Anfang, besser noch ist, wenn man das ganze noch publiziert, wie so geschehen in Kreuzlingen oder in Basel. Schöngeister mahnen schon und juristische Personen machen schon ein schlechtes Gewissen, weil das Öffentlichmachen ja auch ein Pranger sein könnte. Das wäre dann anders als vertuschte Strafmassnahmen, wo eine Schule oder Lehrer nicht wissen wollen oder können, ob ihre Eleven vorbestraft sind oder nicht. Schon als ich zusammengeschlagen wurde in der Grundschule haben Lehrer einfach zugeschaut, auch wenn meine Kleider schon mit Blut vollgeschmiert waren. Damals galt das Wort eines Anwalts jedoch noch was und das geschah zum Glück nicht wieder. Auch das mit der Fremdenfeindlichkeit in Lommiswil dürfte sich inzwischen gelegt haben, und die Erzfeinde von gestern sind heute auch in sozialen Parteien zu finden.
Die Leute haben Angst. Niemand half dem Rumänen in Italien, der im Bahnhof am hellichten Tag verblutete, als er von Mafiosigeschossen erwischt wurde. Hier haben wir es „nur“ mit körperlichen Tätlichkeiten zu tun, aber wenn ein Mann um Hilfe schreit, hilft ihm keine Sau, weil alle Angst haben. Als ich helfen wollte, hielt mich zuerst meine Freundin zurück, weil sie Angst um mich hatte, aber irgendwie tat er mir leid, und mir war wichtig, etwas zu tun als nur wegzuschauen. Dennoch verstehe ich die Leute, die sich nicht einmischen. Wenn ihnen etwas passiert, ist kein Staat da, der sie schützt, und ich darf sicher sagen, dass dieses Land noch eines der sichersten der Welt ist. Gewalt ist nicht komplett verhinderbar, schon gar nicht, wenn sich die Männer an ihr in Film, Fernsehen, Internet und Games ergötzen. Krieg und Kampf, Anarchie und Domination sind Teil der Kultur, Teil des genetischen Erbes des Mannes, es lässt sich nicht einfach komplett abschalten. Eines ist jedoch sicher, es sind andere Werte als die genannten, welche die Menschheit weiter gebracht haben. Gewaltkultur ist etwas für Barbaren und Dumme.
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Monday, 6. July 2009, 17:27

Novartis kriegt kein Patent in Indien

Das Arzneimittel Glivec von Novartis kriegt kein Paten in Indien. Ein indisches Gericht entschied, dass laut Gesetz ein Medikament nur dann Patentschutz erhält, wenn es wirksamer ist als bereits bestehende Wirkstoffe. Für indische Krebspatienten ist das natürlich ein Gewinn, denn landeseigene Generika sind wesentlich billiger.

Das Problem, das ich hingegen sehe, ist die Frage, ob es sich für sog. westliche Firmen überhaupt noch lohnt, so viel Geld für Forschung und Entwicklung zu investieren, wenn andere Länder die Erfindungen einfach kopieren und günstiger anbieten. Gerade Brasilien und Indien, aber auch China scheinen in sachen Patentrechte internationale Standarts gar nicht zu kennen. Das mag kurzfristig für die Patienten vorteilhaft sein, aber langfristig verwundert es mich nicht, dass die Krebsforschung so langsame Fortschritte macht im Verhältnis zu Lifestyleprodukten.

Als Pharmaziekonzern würde ich als Antwort hierauf einfach kleinere Unternehmen mit interessanten Produktpipelines aufkaufen oder gleich selber Generika herstellen, statt selber welche zu erfinden. Zumindest das erste wird übrigens schon länger tatsächlich gemacht. Sagen wir es so: nett ist es nicht immer, aber verständlich.
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Friday, 10. July 2009, 14:43

Mord im Gericht

Der Mord an Marwa, einer Ägypterin, in einem deutschen Gericht, scheint in ihrem Heimatland Wellen zu schlagen.

Schon gibt es Leute, die explizit sagen, dass man die ägyptische Schreierei ernst nehmen sollte. Hier kommt wieder das typische Underdog denken nahöstlicher Art zum Vorschein, welches jedes mal zum Ausdruck gebracht wird, wenn irgendwo irgendeinem Muslim in Europa etwas passiert. Wir erinnern uns an Dodi Al Fayed, dessen Tod durch Fremdeinwirkung angenommen wird, weil es eben "nur" ein Ägypter gewesen sein sollte.
So viel Fervor wünschte man sich, wenn es um die Freiheitsbestrebungen in Theheran ging, aber nein, es ist ein Schauspiel, welches meistens lediglich für den sogenannten Westen gespielt wird. Hierbei tritt ganz klar das arabisch-nahöstliche Minderwertigkeitsgefühl deutlich, das teilweise auch die schwarze Bevölkerung in den USA so gerne zelebriert oder das russische oder chinesische, je nachdem worum es geht. Underdogbewusstsein ist sehr gefährlich, denn es verführt dazu, selber rassistisch oder menschenverachtend zu handeln, weil man sich verfolgt und gedemütigt glaubt.
Der Messerstecher gehört sicher höchstbestraft für immer hinter Gittern, der Ehemann adäquat entschädigt und der unfähige Polizist entlassen, aber dennoch kann niemand Verantwortung für das Geschehene übernehmen, ausser diese zwei fehlbahren Individuen.
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Monday, 13. July 2009, 14:02

Foren

Zu jedem Artikel auf Spiegel-Online oder der Weltwoche kann man im entsprechenden Forum diskutieren. Leider scheint keine Forenmoderation vorhanden zu sein, das Niveau ist salopp gesagt unter aller sau.
Zuerst einmal sollte nicht jeder zur Diskussion eingeladen werden. Es ist bekannt, dass das Internet ein gefundenes Fressen für Leute mit geringer Bildung aber grosser Klappe ist. Diese Personen überfluten jedes kleinste Forenplätzchen mit ihren immergleichen Litaneien, egal ob es jetzt Extrempositionen von ganz Links, ganz Rechts, Kulturideologie, Schwarzmalerei, Geschichtsklitterung, Chauvinismus, Feminismus oder sonst was ist. Da sie gleich mit einer polarisierenden These auffahren, werden sie von der Gegenseite entsprechend attackiert. Das führt dazu, dass sie von ihrer Meinung nur noch überzeugter sind, dass sie noch extremer werden.
Das bekannteste aktuelle Beispiel ist jenes von Carrie Prejean, die eine moderate Meinung gegen die Schwulenehe hatte als sie dazu aufgefordert wurde, diese kundzutun. Darob ergoss sich ein Donnerwetter über die Misskandidatin, dass sie schlussendlich nicht nur die Miss United States Wahl verlor, sondern auch gleich ihren Titel als Miss California.
Wie kann man das Problem lösen? Zuerst einmal sind nur die Meinungen gefragt, von Leuten, die nicht anonym posten. Wenn ich in der Zeitung einen Leserbrief schreibe, dann kann ich auch nicht anonym bleiben, jedermann kann mich dann im Telefonbuch suchen. Die Mitdiskutierenden sollen genau wissen, mit wem sie es zu tun haben. Ein ausführlicher Steckbrief sollte Aufschluss über den Forenteilnehmer geben.
Zweitens braucht es eine Forenmoderation, die sich um eine gewisse Anständigkeit und Fairness bemüht. Das ist beileibe nicht so einfach. Wir hatten im SWG Forum eine Richtlinie für Moderatoren, aber selbst diese reichte nicht immer. Auch im Fernsehen ist das Problem gross, denn wieviele TV Diskussionen sind schlapp oder werden aufgeweicht durch langweilige, immergleiche Statements ausgesuchter "Experten", Politiker oder sonstige Personen. Diese Leute werden von einer faulen Journaille ausgesucht, weil deren Meinung bekannt ist, bevor sie gesagt wurden. Emil Steinberger erzählte uns einmal, wie man ihn in eine Talkrunde eingeladen hatte, weil man annahm, er würde so oder so das sagen, was man allgemein von ihm erwartet hatte. Tatsächlich aber, hatten sich die TV Journalisten geirrt, und er hatte eine komplett andere Ansicht der Dinge. Seit dem, sagte er uns, wurde er nie wieder zu einer Talkrunde eingeladen. Zum Thema "Talkshow" gibt es inzwischen auch schon einen Klafter an wissenschaftlichen Publikationen.

Ich erinnere mich ungern an sogenannte Argumentationsrunden in der Mittelschule. Die Lehrer waren die Moderatoren, aber liessen sich nicht nehmen, gelegentlich selber ihre -ungefragte- Meinung mitten in der Diskussion darzulegen, was wie ein Killerargument Wirkung tat. Überhaupt benutzten viele Lehrer ihre Autorität als Verstärker ihrer politischen Meinung, was nicht allen gefiel, aber aus Angst geduldet werden musste. An der UNI ist das übrigens kaum anders.

Dennoch, wer sein Wort in einer Gesprächsrunde, im Fernsehen, im Seminar, an der Schule oder sonstwo erhebt, kann nicht anonym bleiben. Er sagt seine "Wahrheiten" offen aus, wird angreifbar, im Gegensatz zum anonymen Internetforum. Moderation und "greifbare" Leute, dann ist ein erster wichtiger Schritt zu einer akzeptablen Diskussion gemacht.
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Friday, 31. July 2009, 15:49

Religion, Glaube, Spiritualität

Religion, Glaube, Spiritualität


Ein Leser meines Blogs fragte mich, ob ich etwas über die ursprünglich schottische „Destinys Church“ in Erfahrung bringen und darüber schreiben könnte. Ich nehme den Schreibanlass dazu auf, um grundsätzlich ein paar Gedanken über (meine) Religion, den Glauben und die Spiritualität zu machen.

Es ist nicht so einfach zu formulieren, woran man wirklich glaubt, wenn man wie ich, Skeptiker ist. Ein Skeptiker ist zwar offiziell religiös, aber eigentlich zweifelt er. Er ist sich nicht sicher, woran er glauben sollte: an die Bibel, an Gott, an Heiligkeit oder Nichtheiligkeit, an Wundertaten, Geschichten, Gottesdienste, Messen etc. Goethe war auch Skeptiker und die Frage nachdem Glauben eines Menschen wird immer mit der sogenannten „Gretchenfrage“ in seinem Drama „Faust“ verbunden sein. Die Gretchenfrage ist nichts anderes als die Aufforderung, Farbe zu bekennen, die Wahrheit wirklich auszusprechen. Der Teufel versteckt sich im „Faust“ in einem Pudel, daher das andere berühmte Wort, „des Pudels Kern“, wo sich das Böse verhüllt oder maskiert zeigt, des Pudels Kern ist also ebenfalls die ungeschönte Wahrheit. Insofern kann man sagen, dass bei vielen Menschen ihr Glaube oder Unglaube oder Atheismus verhüllt oder maskiert ist. Das Böse hingegen, ist nicht immer offensichtlich zu erkennen. Die Schlange im Paradies war der Anfang, des Pudels Kern eine literarische Aufarbeitung.
Über die eigene Religiosität wird inzwischen verhaltener gesprochen als über die eigene Sexualität. Sie bietet beinahe mehr Angriffsfläche, könnte man meinen. Man fühlt sich nackter, wenn man sich über seinen Gottesglauben äussern muss als wenn man über seinen Sex redet. Die Gretchenfrage: „…wie hältst du es mit der Religion?“ wird im „Faust“ bekanntlich nicht beantwortet. Bevor ich diese Frage zu erörtern versuche, will ich kurz meinen spirituellen Werdegang erzählen.

Ich bin eigentlich Römisch-Katholisch (RK) und gedenke es auch zu bleiben. Als Kind war ich ein guter Religionsschüler und wurde freiwillig Ministrant. Zwei katholische Internate habe ich besucht: Das „Institute Catholique“ in Neuenburg und die Stiftsschule Engelberg. Letztere war besonders einprägsam, obwohl ich ein miserabler Ehemaliger bin, da ich an keine Klassenfeste oder sonstigen Anlässe des Klosters mehr gehe. Ich bin der Schule dankbar, und diese Dankbarkeit sichert der Kirche meine Loyalität. Beim Wort „katholisch“ dreht sich schon vielen den Magen um, aber die ganze Miesmacherei der Kirche ist unnötig. Historisch gesehen sind viele Dinge, die man ihr anzukreiden versucht schlicht aus der Luft gegriffen und als Historiker ist man auch dazu aufgefordert, die Sachverhalte möglichst objektiv zu erfassen, obwohl das selbst gestandenen Professoren gelegentlich mehr als schwerfällt.
Meine wahre Kirche indes ist und bleibt die sogenannte Altkatholische oder Christkatholische Kirche. Diese Abspaltung von der RK, entstand durch die Ablehnung der sogenannten „Unfehlbarkeitserklärung“ des Pontifikats, also des Papstes im Jahre 1870. Der Rest bleibt gleich, das heisst die Dreifaltigkeit (Vater, Sohn, Hl. Geist) und Verehrung Marias als Gottesmutter (nicht aber die Lehre der „Unbeflecktheit“) im Gegensatz zu den Reformierten. Die Christkatholiken haben also den entscheidenden Vorteil von Rom unabhängig zu sein. Das macht sie flexibler, moderner und an eine säkulare Gesellschaft angepasster. Diese Gruppierung kennt auch die Frauenordination, das heisst Frauen als Pfarrerinnen oder gar als Bischöfinnen, die Strukturen der Kirche sind schon fast demokratisch. Dennoch schafft sie es nicht, auf Kosten der RK oder anderen grösser zu werden. Im Gegenteil, sie schrumpft wie die anderen Landeskirchen auch.

Das Schrumpfen von Kirchenmitgliedern hat übrigens eine Tradition, die seit langem anhält. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg verloren die Kirchen massenhaft Schäfchen, egal ob Römisch Katholisch oder Evangelisch. Dies hat mehrere Gründe, die in der Moderne anzusiedeln sind: Kommunismus und Sozialismus waren die Erzfeinde der Kirchen und wurden entsprechend bekämpft. Karl Marx, der Erfinder des Kommunismus sagte: „Religion ist Opium für das Volk“, und damit meinte er, dass durch die geistige und auch gesellschaftliche Macht der Kirche, die tieferen „Klassen“ der Bevölkerung von der oberen Schicht unterdrückt werden. Als Ersatz für ein halbwegs anständiges Leben in der Gegenwart wird die Hoffnung auf ein besseres Dasein im Paradies angeboten. Über die moralischen Werte waltet die Kirche, und die führenden Mitglieder dieser Kirche werden wiederum von der Oberschicht gestellt (die Zweit- und Drittgeborenen Söhne). In der Sowjetunion und ihren Satelliten in Osteuropa war Religion und Glaube entweder verboten und oder verpönt. Darum hiessen die Jahreszahlen dort nicht „nach Christus“ sondern „nach unserer Zeitrechnung“.
Die Nationalsozialisten versuchten mehrmals, auch die Kirchen für ihre Ziele einschwören und bei den Lutherischen hatten sie dabei durchaus Erfolg, weit weniger aber bei den Katholiken. Sie versuchten neben dem christlichen Wertekanon einen eigenen auf die Beine zu stellen. Der Krieg und das Nachkriegsende bescherten den Kirchen nur kurz einen kleinen Zulauf, wenig später nahmen die Kirchenaustritte wieder zu. Wenn es den Leuten schlecht geht, gehen sie deswegen noch lange nicht in die Kirche, nur um dieses Vorurteil einmal wissenschaftlich zu widerlegen.
Natürlich befasste ich mich auch, so weit es ging, auch mit dem Buddhismus, der sich nicht erst seit dem Dalai Lama regen Zulaufs erfreut. Dass dem so ist, erstaunt wenig, denn im Endeffekt ist in dieser Religion keine Strafe für Sünden aller Art vorgesehen. Das Universum verhält sich lediglich im Yin-Yang Prinzip, das heisst, dass alles, was man tut, eine Auswirkung hat, die früher oder später ihren Effekt haben wird. Dieses Thema des „Ganzheitlichen“ kommt ursprünglich vom sogenannten Taoismus, welcher grossen Einfluss auf die Religion von Buddha hatte. Im Endeffekt gibt es also keine Hölle oder Himmel als Resultat des hiesigen Lebens, sondern lediglich Wiedergeburt, und dies so lange, bis man erleuchtet wird. Eine Person, die weder ans Paradies noch ans Inferno geglaubt hat, muss nicht unbedingt daran glauben, dass er nach seinem Tod als Huhn oder Schwein sein Leben fristet: zurück bleibt lediglich das Leben ohne festen Strafenkatalog.
Der Koran ist beinahe das pure Gegentei von Bibel und Buddhismusl: es ist ein Gesetzbuch, das beinahe ohne jegliche Metaphysik auskommt, das heisst ohne Wundertaten oder sonstigen Phantastereien. Der Islam hat einen enormen, gnadenlosen, absoluten und ausschliesslichen Allmachtsanspruch. Während Jesus noch die Nächstenliebe predigte, die Vergebung und die Sünde der Welt auf seine Schultern nahm, entledigte sich der Prophet Mohammed schlicht seiner Gegner, auf ganz weltliche Art. Der Koran scheint aber auch ästhetisch eine sehr grosse Ausstrahlung zu haben, weshalb er auf arabisch sprechende Leute tatsächlich eine wirklich göttliche Aura hat.
Für mich ist keine der drei Weltreligionen und das Judentum wirklich komplett welterklärend oder massgebend für die gesamte Erdbevölkerung. Jede dieser Glaubensrichtungen hat seine Gefährlichkeit hinlänglich bewiesen, aber natürlich genauso ihre Tauglichkeit. Im Endeffekt ist jeglicher Glaube genau das, was er in seiner Zeit ausgelegt wird. Und somit komme ich wieder zur „Destinys Church“ zurück.
Ich war zeitweise bei einer anderen Freikirche dabei, dem ICF, „International Christian Fellowship“. Diese hat ihre Wurzeln im konservativen Amerika und versucht mit modernen Mitteln den Glauben den Menschen näherzubringen. Die Leute kommen zusammen und feiern eine Art traditionelle Messe mit Predigt, Beten und Singen. Natürlich heisst predigen „preachen“ und beten „worshipen“, die Musik hat Beat, so etwas kommt vor allem beim jugendlichen Publikum gut an. Dennoch kann nicht jeder predigen, der auch sprechen kann. Das können nur speziell ausgebildete Leute, genau wie bei der Destinys, wo es Priesterseminare gibt. Ergo läuft es darauf hinaus, dass es jemand besser weiss als „du und ich“. Wir können zwar auch lesen, aber wir können scheinbar nicht die Wahrheit dahinter sehen. Hier liegt die Macht nicht im Vatikan, sondern bei den Hinterleuten, welche die Priester ausbilden. Mir wurde die Sache gelegentlich etwas Ungeheuer, wenn von Verzicht auf Sex vor der Ehe die Rede war, aber brüsk gesagt, genauso normal rumgepoppt wurde, wie anderswo auch. Es gibt eben den frommen Wunsch und die Natur, die man bändigen kann oder nicht kann, will oder nicht will. Ebenso lässt es sich als Überdreissiger schnell mal Keuschheit fordern, wenn man alles schon gehabt hat oder immer noch hat. Der Papst hat in seiner Ansprache vor Dreissigtausend Jugendlichen dasselbe formuliert, in dem er sagte: „Euch wird es an Nichts fehlen (in der Ehe)“.

Die Ablehnung von Homosexualität in Freikirchen wird von den Medien etwas hochgeschaukelt. Dass es Schwule und Lesben halt einfach gibt, hat man auch in den Freikirchen zur Kenntnis genommen. Natürlich sind die Leute hin- und hergerissen, heisst es doch in der Bibel (wie auch im Koran), dass die Homosexuellen geköpft werden müssen. Zum Glück gibt es Jesus, der sowieso die Sünde der Welt auf seine Schultern nimmt und im neuen Testament auch den Sündern verzeiht. Die Sünde der Welt ist übrigens die Erbsünde, die seit Adam und Evas Verrat von Eltern an Kindern weitergegeben wird. Als Strafe haben Frauen ihre Periode und die Geburtsschmerzen. Von Geburt auf wären wir also Sünder, ohne Jesus. Schon im Mittelalter hat man sich gefragt, warum eine Welt so schlecht sein kann, wenn Gott dennoch allmächtig ist. Einige Gelehrte meinten, dass das eben Prüfungen des Herrn seien, andere, dass der Teufel dahinter steckte, und wieder andere glaubten, dass alles Gottes Wille ist, auch wenn es nur schlecht aussieht oder verboten ist. Alles ist eine Sache der Auslegung, so auch die Homosexualität und die Frage, warum es sie überhaupt gibt.

Freikirchen funktionieren übrigens auch auf dem Prinzip der Ausschliesslichkeit, das kann dazu führen, dass Leute, die sich nicht zu dieser oder jener Freikirche bekehren, diese auch zu verlassen haben oder nicht in den festen Kreis gelangen. Auch nach fast 2000 Jahren Christentum, bleibt das Grundprinzip der Religion als Identitätsstifterin des ICH, WIR und SIE dieselbe. Dennoch wäre es unfair, die Leute von den Freikirchen in irgendeiner Art schlechtzureden oder lächerlich zu machen. Im ICF fanden sich ganz viele Menschen, die charakterlich 1A waren und sind. Es war eine schöne Erfahrung, obwohl mich einige Strukturen dennoch ziemlichs stutzig gemacht haben.

Das konsequente Verfolgen der Zehn Gebote würde viele Probleme aus der Welt schaffen, aber bei einem Drittel der Menschheit, welche diese Gebote befolgen würde, würden zwei andere Drittel, diese Gebote nicht einmal anerkennen. Aus der Sicht des Vatikans ist es logisch, Kondome in Afrika zu verbieten, denn für sie gibt es ausserehelichen Sex nicht. Im Grunde ist es auch nicht die Kirche, die Schuld an HIV in Afrika ist, sondern die Vielweiberei, die zurückgeht auf alte Bräuche und Riten. Ausserdem ist der Norden Afrikas muslimisch, der Rest ist aufgeteilt unter Baptisten (englische Kolonien), Lutheranern (deutsche Kolonien), Katholiken etc. Natürlich wäre sehr geholfen, wenn die Kirche sich nicht gegen Kondome verweigern würde, aber die Probleme des Kontinents wären damit nicht gelöst. Im Gegenteil, wenn ich katholisch bleibe, so bin ich der Meinung, dass sehr viele gute Taten immer noch durch die Kirchen geschehen: Entwicklungshilfe, Suppenküchen, Kleidersammlungen etc. Der moderne Säkulare Staat kann vieles, doch kann er nicht Leben erklären, Lebensweisen, Weisheiten und die vielen kleinen und grossen Wunder, die jeden Tag geschehen.
Die Wissenschaft kann viele Wunder Dekonstruieren, sie erklären, und man weiss dann, dass es kein Wunder war, sondern leider nur ein physischer oder biologischer Zufall oder Effekt. Dennoch sind immer noch viele Menschen nicht bereit zu glauben, dass alles bloss eine Laune der Zufälligkeiten oder Gesetzen der Natur ist. Manchmal sitzt man nur da und fragt sich, ob nicht doch ein Geist hinter den Dingen ist, die Geschehen, ob nicht doch eine höhere Macht die Welt regiert. Ich habe schon öfters Dinge so entschieden, wie sie Jesus entschieden hätte. Entscheidungsunsicherheit kann lähmen, aber Glauben kann da durchaus mit guten Resultaten nachhelfen. Die Bibel ist mehr als nur ein lächerliches altes Buch, und es geht nun gar nicht darum, zu frömmeln, sondern darum, sich das ganze einmal kritisch anzuschauen. Unsere Seh- und Bilderkultur baut darauf auf, unsere Erzählkultur, unsere Symbole, Riten und Bräuche, und seien diese noch so verwaschen, vermischt mit der noch älteren keltischen oder römischen Kultur. Es ist dennoch ein Irrtum, wenn manche Menschen glauben, sie stünden Gott näher als andere, das erzählt schon nur die Geschichte vom verlorenen Sohn. Es gibt lediglich die Behauptung, dass es bessere Christen gibt als zum Beispiel mich. Aber warum sollte mich das stören, wenn ich weiss, dass andere, frommere, Leute nicht bevorzugt werden?
"You see things; and you say why? But I dream things that never were; and I say why not."

G.B.Shaw

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Sunday, 30. August 2009, 23:53

Wahlen Deutschland 2009

Die Wahlen von Thüringen, Saarland und Sachsen sind für die kommende Bundestagswahl weniger Massgebend als uns Kommentatoren einreden möchten. Wer Kanzler wird, steht noch in den Sternen.

Dass die sogenannten Ossies keine Probleme damit haben, eine Partei wie die PDS/Die Linke zu wählen, ist ja nicht verwunderlich, oder? Die Linke hat in Thüringen und Sachsen die SPD überflügelt, während die Grünen tatsächlich im Landesvergleich ein konstanterer Wert sind als die FDP. Die Stärke der Linken in Saarland ist Lafontaine zu verdanken, ich glaube nicht, dass am 27. September die Linke stärker sein wird als die SPD, aber auf jeden Fall stärker als die FDP.
Eines ist offensichtlich: die stärkste Partei ist die CDU/CSU, mit Abstand, notabene, aber dennoch klar führend. Die Linke ist eine Protestpartei für die Unzufriedenen, von denen es in Deutschland mehr als genug gibt. Das ist bloss der Deutsche Mini-Obamismus, der Flöten geht, sobald die Partei etabliert ist. Die Bundestagswahl wird zwar interessant werden, aber im Endeffekt wird es wieder aus Schwarz-Rot hinauslaufen, weil jede andere Art von Koalition mit einer hauchdünnen 3-Parteienmehrheit auskommen müsste.

Ich glaube, dass am 27. September die CDU/CSU etwa 37-39% erreicht, auch aufgrund der Popularität der Kanzlerin. Die SPD könnte bei 25-27% liegen, die Linke ein Resultat von 16-18% erreichen, Westerwelles Wunschtraum. Dessen Partei dürfte wenig mehr Stimmen als die Grünen machen - vielleicht 9% - denn mehr liegt mit dem Parteiprogramm nach den Erlebnissen der letzten zwei Jahre auch nicht drin. Mit Liberalen grundsätzen ist Europaweit vorbei, die Politische Mitte könnte in den nächsten 10 Jahren tatsächlich noch viel weiter zerbröseln. Die Grünen werden mit ihrer treuen Stammwählerschaft die restlichen Stimmen holen, vielleicht 6-7%.

Dieses Resultat würde Schwarz-Gelb verhindern. Eine Minderheitsregierung ist sowieso ausgeschlossen, und die FDP ist nicht fähig, mit der Linken oder den Grünen auf Bundesebene zu regieren, wollte sie nicht, und wird sie nicht wollen. Rot-Rot-Grün, wäre möglich, so wie es schon seit 2005 möglich wäre. Aber so etwas würde an Lafo und Gysi scheitern, an einzelnen Profilversessenen Machtmenschen. Diese Koalition würde, wenn nicht schon bei den Verhandlungen, so doch innerhalb kurzer Amtszeit zerbrechen.

Ich glaube, das Volk will Merkel, aber es will kein Revival der Kohl-Ära. Schwarz-Rot ist stabil, die Leute fühlen sich wohl in ihren Ämtern und Büros in Berlin. Beide Grossparteien verlieren, wenn sie auf den Partner verzichten, ausserdem haben nicht viele Deutsche das Gefühl, sie würden extrem schlecht regiert. Aus diesen Gründen halte ich Schwarz-Rot am 27. September als gesetzt.
"You see things; and you say why? But I dream things that never were; and I say why not."

G.B.Shaw

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