Da ich z.Z. MMO-technisch nicht ausgelastet bin, hatte ich am WE genug Zeit, mir TSW in über 20 Stunden etwas näher anzusehen.
Meiner Meinung bietet es sich an, hier Vergleiche zu Funcoms Vorläufer-Game AoC und auch zum ebenso sehnsüchtig erwarteten GW2 zu ziehen. AoC habe ich damals schon ein paar Jährchen gespielt und seinerzeit auch zum ersten Mal von TSW gehört. GW2 haben ja einige von uns im ersten Beta-Event angespielt. Ein Detail: Das Game wollte sich partout nicht merken, im Vollbild-Modus zu bleiben.
Login, Serverstabilität, technischer Quark
Verglichen mit GW2 benötigte der TSW-Launcher (zumindest bei mir) deutlich länger und startet nicht so sauber. So kam es schon hier zu ersten Fehlermeldungen, Freezes und Abstürzen, welche sich auch ingame wiederholten. Dagegen war es kein Problem, auf den Server zu kommen, es gab immer genügend Platz und keine Warteschlangen - schwer zu glauben, angesichts der angeblich 1 Million Beta-Zugänge.
Instanzierung, Spielerandrang, Soziales
Eine Erklärung hierfür könnte die Instanzierung des Games sein, von jeder Zone gab es mindestens drei Instanzen. Wieviele genau, lies sich nicht nachvollziehen, da sich nirgends ein Hinweis dazu fand. Es fiel uns nur durch die gemeinsame Gruppe auf - welche sich problemlos erstellen lies - und durch deren Teamleader-Wechsel sich einzig praktisch die Instanz wechseln lies. Wie in GW2 war keine wirkliche Wechselmöglichkeit vorhanden. In AoC hatten seinerzeit 96 Spieler Platz in einer Instanz, ob es auch soviele in TSW sind, kann ich nicht einschätzen - zu selten habe ich viele Spieler auf einem Haufen gesehen, eigentlich nur am Ende des Tutorials. Sonst schien mir die Welt relativ spielerleer zu sein. Wie schon gesagt wurde, fehlten jegliche Gildenfeatures, aber auch andere bekannte Sozialmöglichkeiten; man konnte sich zwar anfreunden, jedoch nirgends Einsicht in die Freundesliste gewinnen. Ebenso fehlte eine Suchfunktion.
Interface
Das Interface erinnert wirklich sehr an aktuelle Smartphones, gefällt mir persönlich aber in seiner Schlichtheit ganz gut. Leider gab es einige Dinge, die mir unnötig umständlich erscheinen, z.B. die Garderobenwahl als verschachtelten Unterpunkt im Inventar, oder die 1:1 aus AoC übernommenen Optionsmenüs und Chats. Es ist richtig, dass man im UI nur immer eine Queste angezeigt bekam, jedoch konnte man mit einem Klick zwischen den aktiven Questen wechseln. Gut gelungen und übersichtlich fand ich die Darstellung im Fähigkeitsrad und Skilldarstellung, Mouseover bei allen Fähigkeiten inklusive.
Grafik
In der Charaktergestaltung waren leider sehr viele Möglichkeiten blockiert, vor allem bei männlichen Charakteren. An diesen konnte man nur sehr wenig verändern. Insgesamt bin ich mit dem Charakterdesign noch immer nicht warm geworden, auch wenn es mir entfernt aus AoC bekannt vorkommt. Vielleicht wird das mit mehr Möglichkeiten und Freiheiten noch besser. Die Animationen der Charaktere waren teilweise schon gut gelungen, wie ich finde, aber ich hörte von unsäglichen Verrenkungen beim Pistolenschießen/Laufen. Es gab auch eine sehr umfangreiche (aus AoC bekannte) Liste mit animierten Emotes.
Ganz am Anfang bin ich furchtbar erschrocken wegen der Grafik. London kam mir sehr kahl und spartanisch vor. Aber nach dem hochdrehen der Grafik erschien es mir ganz passabel. Allerdings hatte auch ich mehr erwartet, alleine schon von AoC her nach der DX-10-Einführung. Ein Problem sehe ich allerdings im "realistischen" Setting; jeder weiß einfach, wie eine Großstadt oder ein Auto (Mini, Golf und Fiat 500 scheinen sehr beliebt zu sein) aussieht und hat dementsprechende Erwartungen. Aber vermutlich (hoffentlich) haben sie da noch gehörigen Spielraum nach oben, denn viele bekannte Optionen aus AoC waren noch garnicht zu finden, aber so hat auch meine alte Kiste (Dual-Core) noch gut mithalten können. Richtig ist, es gibt schon viel Copy&Paste, allerdings störte es mich nicht wirklich. Es gab genug Abwechslung und alles zusammen wirkt sehr stimmig. Zahlreiche NPC beleben die Orte und ich nehme an, dieses wird weiter ausgebaut werden; an zuvielen Eingangstüren steht ein Türsteher, ohne bislang weiteren Inhalt zu bieten.
Sound, Sprachausgabe
Wenn die Grafik bislang nicht 100%ig zu überzeugen wußte, der Sound hat mich voll und ganz begeistert! Vor allem abseits der gewohnten Hintergrundmusik gefallen akustische Untermalungen bei Questen (Raben, Sirenengesang, Bienenbrummen), schauerliche Schreie und Geräusche oder individuelle Musikbeschallung in den begehbaren Shops und Häusern.
Am ersten Abend lies die deutsche Sprachausgabe noch sehr zu wünschen übrig und man war auf Untertitel beschränkt. Doch schon während der Beta wurde dabei offenbar nachgelegt, immer häufiger stieß ich auf vertonte Dialoge. Richtig gut ist die englische Sprachausgabe, mit deren Dialekten kommt richtig Stimmung auf.
Kampf, Level und Skillsystem
Der Kampf in TSW bot bislang nichts wirklich Neues; man kann jeweils bis zu 7 aktive und passive Fähigkeiten frei zusammenstellen, ähnlich den erweiterten Fähigkeiten in GW2. Von den aktiven Fähigkeiten bauen einige Ressourcen auf, andere verbrauchen diese dann wieder für besondere Effekte (viel Schaden, Stun, Knockback, etc.). Im Kampf muss man daher ein kleinwenig auf diese Ressourcen achten, kann sich aber vor allem auf die deutlich gekennzeichneten Bodeneffekte der Gegner konzentrieren und knüppelt munter drauf los. Eine Möglichkeit, schnell auszuweichen habe ich bislang vermisst. Die Fähigkeiten selbst erwirbt man mit AP (Abilitypoints), welche man durch ansammeln von EP oder auch direkt als Questbelohnung erhält. Diese werden erst nach und nach freigeschaltet, d.h. man sollte sich doch ein wenig spezialisieren, um an die besseren Fähigkeiten der höheren Ebenen zu kommen (äußere Ringe im Abilitywheel). Wie AP erhält man auch SP (Skillpoints) mit denen man generell das Offensiv- und Defensivlevel einer Waffenart steigern kann. Die Skillfreiheit ist dennoch enorm, kann man doch aus ca. 525 Skills wählen und so individuell nach Lust und Situation spezialisieren. Die Funktion zum Abspeichern dieser Skillungen (in Kombination mit der passenden Ausrüstung) habe ich leider nicht gefunden. In der Beta waren leider nur die untersten Stufen der Waffenarten zugänglich, so habe ich halt drei parallel voll gemacht; Schwertkampf, Sturmgewehr und Chaos-Magie (erstaunlicherweise auch Nahkampf).
Ausrüstung, Items und Crafting
Grandios an TSW ist die Kleidungsvielfalt (welche sich durch den Itemshop noch erweitern läßt), mit denen man seinen Char verzieren kann. Diese Klamotten muss man nicht im Inventar mitschleppen, sondern einmal erworben, hat man im Garderobenslot immer die Möglichkeit, sich schnell umzuziehen. Unverständlich fand ich jedoch teilweise astronomische Händlerpreise für einzelne Items (Mäntel, Brillen), die man auch in der Charerstellung hätte anlegen können. Die eigenen Werte bleiben von der Kleidung völlig unbeeinflusst und werden nur durch bis zu sieben Talismane (nicht am Char sichtbar) verändert. Diese Talismane und auch alle Waffen kann man in Rohstoffe zerlegen. Hierbei sollte man sich jedoch das "Muster" merken, in welchem die Rohstoffe dann abgelegt werden - dieses ist zugleich der Bauplan, wenn man selbst eine solche Waffe craften möchte. Leider war es mir nicht möglich, etwas wirklich sinnvolles zu craften. Denn zum Einen benötigte dies sehr viele Ressourcen, zum anderen gab es keine ausreichenden Toolkits hierfür. Z.B. liesen sich aus einem Schwert 7 Metallstücke gewinnen. Aus 5 Metallstücken gewann man ein besseres Metallstück, wiederum aus 5 solchen ein richtiges Metall. Erst ab dieser Stufe wäre wohl eine Waffe vergleichbar gewesen, jedoch waren nur Toolkits für die zweite Stufe verfügbar. Ärgerlich hier war vor allem auch das Sortieren und Stapeln der Ressourcen im Inventar. Das Inventar dagegen war sehr geräumig mit anfangs 50 (erweiterbaren) Plätzen und lies sich in kleinere "Säckchen" aufteilen für mehr Übersicht.
Questdesign
Das Questdesign botet meiner Meinung nach wirklich große Abwechslung und mit einige der interessantesten Questen, die ich bislang in einem MMO gesehen habe. Ich bin ja kein großer Single-Player, aber dies hat mich schon sehr daran erinnert - auch wenn die Entscheidungsfähigkeit eines SWTOR gerade in den Dialogen fehlt. Es gibt mehrere Arten von Questen; Kampf, Sabotage, Rätsel, Story, Dungeon und PvP. Dabei konnte man immer nur eine Mission jeder Art annehmen, weitere wurden auf Pause gesetzt. Diese Pausenoption fand ich sehr umständlich, da sie sich nur beim Auftraggeber-NPC reaktivieren liesen. Ohne viel spoilern zu wollen, gerade die Rätsel- und Storymissionen sind sehr fesselnd und spannend, man muss seine grauen Zellen bemühen und mit allen möglichen Mitteln recherchieren - hier hilft der Ingame-Browser.
Fazit
Auch wenn ich hinsichtlich Grafik und Langzeitmotivation (das war einfach mein Problem in AoC und ich hege wenig Hoffnung an Funcoms Lernfähigkeit) meine Bedenken habe, möchte ich doch ein insgesamt eher positives Fazit ziehen. Noch befindet sich das Spiel wohl in einer sehr frühen Beta-Phase (oder uns wurde eine solche serviert), in der viele Inhalte gefehlt haben; es war nur eine von drei Fraktionen verfügbar, die Charaktererstellung war massiv eingeschränkt, Zugang nur zu einer Zone, einige Landstriche waren völlig leer, etliche Funktionen (siehe oben) fehlen bislang völlig. Aber das Setting interessiert mich zu sehr (nach all den Jahren und Games kann ich Elfen, Zwerge und Orks einfach nicht mehr so gerne leiden) und die Stimmung hat mich nach ein paar Stunden richtig eingefangen. So hege ich leise Hoffnung (jaja, sehr naiv), dass Funcom diesmal die eigenen Versprechungen besser hält und sich eher noch ein wenig Zeit zum Release nimmt - wie es NC Soft mit GW2 tut.
Interessanter Link zu einem deutschen FAQ: http://www.tswonline.de/dasspiel/faq.html
Straßenleben in London (oder besser, einem überschaubar großen Viertel), dort gibt es aber auch durchsichtige Fenster...
Über den Dark District kommt man in den geheimnisvollen Teil der Stadt und auch zur PvP-Arena (hier vermisse ich noch mehr Zugänge und Inhalte - wie eigentlich überall).
Dies ist der Eingangsbereich der PvP-Arena (mit obligatorischem Bug); einem pinken Fussballfeld mit Deckungsmöglichkeiten wie im Paintball...
Einer der begehbaren Shops - leider kann man noch kaum wo einkaufen, dafür gibts nette Musik.
Sitz der Templer und deren Übungshalle.
Der noch leere Norden von Kingsmouth (der einzig bespielbaren Zone der Beta) - läßt aber mehr erahnen.
Das Argartha-Reisesystem - gewöhnungsbedürftig.
Nicht alle Zombies sehen gleich aus.
Nur eine Kleinigkeit bei einer Queste: Code besorgen und sich durch die Sicherheitsschleusen schleichen - aber Vorsicht, dahinter töten Drohnen instand ohne Vorwarnung.
Autos sind eckig und rostig, der Mond natürlich voll und nebelverhangen.
Questmonolog mit Untertitel.