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Mimei

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Registrierungsdatum: 31. March 2004

Spiel: TESO

Charakter: Mimei BeRith

Wohnort: Oberbayern

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Thursday, 29. January 2009, 01:48

Ritt zum Donnerfluss

Für Genieve,
der ich damit herzlich für die gemeinsame Zeit in Hyboria
danken möchte.



Mit dem trockenen Ächzen alten Holzes schloss sich das Tor hinter ihr. Noch ein Blick zurück über die Schulter verschaffte ihr Gewissheit und das eifrig grüßende Kopfnicken einer Wache am Turm. Tief sog sie die am Morgen noch relativ kühle Luft Poitains in ihre Lungen ein und gab ihrem Rappen mit dem Druck ihrer Schenkel das Zeichen zum Aufbruch. Das Tier gab ein ungewohnt störrisches Wiehern von sich, aber dafür hatte seine Reiterin Verständnis, war doch die Situation ebenso ungewohnt. Nie zuvor hatte sie ihr Ross derart beladen mit Waren und Gütern; hinter ihrem Sattel hing zwar wie gewohnt ihr Bündel eingeschlagen ein eine Decke, aber an den Seiten hingen statt der üblichen Taschen große Ballen herab, welche eine Auswahl der noch immer das Lager füllenden Kostbarkeiten aus dem Süden Stygiens beherbergten. So tat das Pferd die ersten vorsichtigen Schritte und wankte ob der großen Last übermäßig von einer Seite zur anderen. Inepha nahm dies mit einem bitteren Lächeln und ebenso wankend hin, der Ritt zum Donnerfluss würde lange genug dauern, dass auch ihr Rappe bis dahin seinen eigenen Rhythmus gefunden haben würde.

Die eisenbeschlagenen Hufe klapperten über das dürftige Pflaster der Straße, die sich durch die Berge Poitains nach Norden schlängelte und das Echo der einsamen Reiterin wurde von den steil aufragenden Wänden zurückgeworfen. Unzählige Male zuvor war sie schon diesen Weg geritten und kannte ihn daher wie ihren sprichwörtlichen Fellmantel. Dennoch war ihr Gefühl bei diesem Ritt ein völlig anderes. Natürlich, der gemütliche Schritt in dem sie dahin zog schonte das beladene Tier für die weite Reise und war daher schon sinnvoller als der Gallop, dem sie stets den Vorzug gab. Aber darüber hinaus hatte sie noch niemals so wenig Lust verspürt, diese Route einzuschlagen. Auch wenn für sie das Reiten schon immer ein Quell der Freude gewesen war, heute war das ganze Unterfangen möglicherweise ein großer Fehler. Das Pferd fand den deutlichen Weg ohnehin alleine und so kehrten Inephas Gedanken schnell zu den Geschehnissen der letzten beiden Tage zurück, als sie eben erst vom Donnerfluss heimgekehrt war und Genieve endlich hatte wiedersehen können.

Anstatt des erhofften fröhlichen Wiedersehens und den Versprechungen einer weiteren atemberaubenden Nacht war es wiedereinmal zum Streit zwischen ihnen beiden gekommen. Und wiedereinmal musste sie sich eingestehen, dass der Fehler bei ihr lag, auch wenn sie dies Genieve gegenüber nicht einfach so zugeben konnte. Still verfluchte sie sich und ihren albernen Stolz dafür. Anstatt Genieve zu erklären, weshalb sie schon vor einer Woche Hals über Kopf und ohne eine Nachricht zu hinterlassen zum Donnerfluss aufgebrochen war, hatte sie ihr Vorwürfe wegen dieses lächerlichen Überfalls gemacht. Alleine schon der Gedanke daran rief einen bitteren Geschmack im Mund der Kriegerin hervor, aber dann auch noch Genieves Verwundung um dieses Farce zu decken, lies sie geräuschvoll ausspucken und das Gesicht verziehen. Soweit sind wir also schon gesunken, wenn aus ehrenvollen Kriegerinnen Banditen werden, dachte sie bei sich und schüttelte sich im Sattel. Ihr Rappe gab daraufhin ein Stauben von sich, ganz so, als wollte er ihr zustimmen.
Sie musste sich eingestehen, dieser Schritt hatte sie mehr als überrascht und von Genieves Seite aus sehr enttäuscht. So enttäuscht, dass sie gar nicht auf die Belange der Anderen hatte eingehen können. Jetzt verfluchte sie sich dafür! Hätte sie ihrer Liebsten nur zugehört und gezeigt, wie wichtig sie ihr ist. Wie sehr sie sich gefreut hatte, sie endlich wieder nach der langen Reise sehen zu können. Ganz so, wie sie es sich eben auf jener Reise ausgemalt hatte.

Aber sie hatte einen beinahe unverzeihlichen Fehler gemacht indem sie Genieve nichts von dieser Reise erzählt hatte und es im Nachhinein zu tun, hatte die Kluft zwischen ihnen beiden nur noch tiefer gegraben. Das musste sich jetzt erkennen und sich eingestehen. Offenbar war eine Kriegerin doch noch immer eine Frau, die sich Sorgen machte und nicht allen Gefahren trotzig ins Gesicht lachen wollte. Schon gar nicht den Gefahren, denen ihre Liebste ins Gesicht lachte und wenn sie nun daran dachte, wie es schon wieder in ihr selbst zu kochen begonnen hatte, als sie Genieve verwundet auf dem Lager liegen sah... wieder einmal hatte diese Recht behalten und sie selbst war einfach naiv, egoistisch und gedankenlos gewesen. Unverzeihlich für eine Kriegerin, die auch noch Verantwortung für andere trug und eine Verpflichtung für einen ganz besonderen Menschen hatte.
Traurig schüttelt sie den Kopf und ob den Blick voraus auf den Weg, der noch vor ihr lag.

Die Berge gingen langsam in sanfte Hügel über und zwischen den Bäumen die Straße hinauf schimmerte bereits der weiße Stein jener Brücke hervor, die nach Caena hinaufführte. Abschätzend hob Inepha den Blick hinauf zur Sonne, um den noch verbleibenden Tag abzuschätzen. Sie nickte still, denn noch sollte sie genug Zeit haben, mit einem kleinen Boot nach Tesso übersetzen zu und dann dort nächtigen zu können. Mit einem kräftigen Schenkeldruck lies sie wenig später ihren Rappen den rechten Weg einschlagen, da dieser von selbst wohl viel lieber direkt in den kleinen Ort gegangen wäre. Doch ihr Ziel war der kleine Anlegesteg an der Grenze zu den Wilden Landen.
Als sie an diesem angelangt war, beugte sie sich im Sattel vor um die drei am Steg sitzenden Gestalten näher betrachten zu können.

"Seid gegrüßt ihr Drei", nickt sie ihnen möglichst freundlich zu, da sie es ja war, die ein Anliegen vorbringen wollte.
"Mhmm...", oder ähnlich gaben diese zurück, spuckten aus oder kauten gelangweilt auf Grashalmen herum.
"Wie ich sehe, liegt hier noch ein Boot vertäut und so suche ich einen, der mich damit noch heute nach Tesso bringen könnte." Eindringlich belegte sie jeden der drei Männer mit einem Blick aus ihren bernsteinfarbenen Augen und auch dieses Mal verfehlte er seine Wirkung nicht. Zwei wichen ihr sofort aus und der Dritte begann langsam zu nicken.
"Wenn du bereit bist, dafür den angemessenen Preis zu bezahlen und auch für meine Unterkunft in Tesso - denn zurück werde ich heute wohl nicht mehr kommen - dann sind wir uns einig, Frau."
"Ihr sollt auch Eure Übernachtung bekommen, Mann", nickte sie ihm zu.

Sie schwang sich aus dem Sattel und nachdem eine erste Anzahlung den Besitzer gewechselt hatte, machten sie sich zu zweit daran, das Pferd auf das kleine und daher bedrohlich wankende Boot zu verfrachten. Ein nicht ganz ungefährliches Unterfangen, aber dennoch unzählige Male praktiziert von beiden Seiten und daher wollte sich niemand Sorgen darum machen. Die beiden zurückbleibenden Männer waren außer mit skeptischen Blicken immerhin dabei behilflich, das Boot vom Anlieger hinaus auf den Fluss zu drücken, ehe sie diesem den Rücken kehrten. Allmählich nahmen sie durch die Strömung Fahrt auf und Inepha blickte zurück auf ihre jetzige Heimat, die Hand beruhigend am Zaumzeug ihres Rappen liegend.

Im Licht der untergehenden Sonne, die gerade noch die Wellenkämme auf dem Fluss glitzern lies, bot selbst das winzige Tesso einen wunderschönen Anblick. Zumindest in Inephas Augen, die am heutigen Abend ein sonderbares Gefühl von Zuhaus in der Brust zu spüren vermeinte, auch wenn der Ort nun fast komplett anders aussah als zu der Zeit, als sie noch hier gelebt hatte. Damals, noch vor dem Krieg gegen Nemedien - der Gedanke daran lies sie schwer seufzen und schnell vergrub sie die Erinnerungen daran wieder tief in ihrem Innersten, wo sie vielleicht nur ein Mensch jemals wiederfinden könnte.
Mit einem kraftlosen Ton schlug das Boot am Holz des Anliegers an und schnell sprang der Fährmann über Bord, um es dort zu vertäuen. Ihm folgte Inepha nach und zusammen zogen sie auch das Tier wieder an Land. Die versprochenen Münzen wurden mit allerlei dankenden Worten und wohlwollenden Wünschen für die weitere Reise ausgetauscht und dann ging ein jeder seiner Wege.

Inepha nahm sich die Zeit, führte ihr Tier am Zügel in den Ort hinauf, um sich in diesem umzusehen. Tesso war heute um ein gutes Stück kleiner, als damals, da nicht alle zerstörten Häuser wieder aufgebaut worden waren. Auch das Haus ihrer Mutter, ihr Zuhause, war nicht mehr und an seiner Stelle wuchs nun ein kleiner Kräutergarten, welcher sich unter der ausgebauten Stadtmauer ausbreitete. Oben auf dem Hügel jedoch hatte sich nicht verändert, das Stadthaus thronte noch immer über allem und beherbergte, dem Fackelschein aus den Fenstern nach, noch immer die Taverne. Als sie die kleine Steigung herauf war, erkannte sie auch den dahinter liegenden Mitratempel mit der großen Statue davor und den kleineren Nebengebäuden drumherum wieder. Bitter musste sie lächeln, als doch wieder ein paar Erinnerungsfetzen vor ihr geistiges Auge drängen wollten.

Tief atmete sie den Duft des Heus und der Tiere ein, die nur ein paar Schritte von ihr entfernt im Stall ruhten, oder sich noch immer die Mägen mit dem angebotenen Futter voll schlugen. Wieder und wieder öffnete sie die Augen und blickte durch das kleine Fenster oben in der Scheune hinaus auf den sternenübersäten Himmel. Sie war nur kurz im Schankraum gewesen, um die Unterkunft für sie und ihr Pferd zu sichern und hatte sich dann sogleich in den Stall begeben. Ob ihrer Fracht wollte sie kein unnötiges Risiko eingehen, auch wenn dies bedeutete, auf die Annehmlichkeiten eines gestopften Strohsacks verzichten zu müssen. Inepha fröstelte trotz der milden Nacht und zog sich ihre Reiterdecke enger um die Schultern. Es wäre soviel angenehmer gewesen, hätte sie nicht alleine reisen müssen. Sie hatte sich gewünscht, Genieve würde mit ihr reiten, sie hätten viel Zeit zum Reden und füreinander gehabt. Aber ihre Liebste war verletzt und sollte sich besser schonen, außerdem... vielleicht war es wirklich besser, erst einmal für sich nachzudenken. Sie wollte Genieves Wunsch gerne nachkommen und hatte doch immerhin schon einen Schritt getan, indem sie sich dieses Mal mehr als ordentlich von ihr verabschiedet hatte, oder nicht? Das klamme Gefühl in ihrer Brust wollte einfach nicht weichen, wenn sie daran zurück dachte und der Zweifel wieder in ihr aufkam, ob die andere auch wirklich noch da sein würde, wenn sie zurückkehrte?
Unruhig warf sie sich auf die andere Seite herum, wiederholte dies noch unzählige Male bis der Morgen graute und sie sich schließlich wieder auf den Weg machen konnte.

Ihr Weg führte Inepha immer weiter nach Westen, dem Rande des großen aquilonischen Reiches entgegen. So wichen die bestellten Äcker und Felder, welche sich um die weit verstreuten Gehöfte verteilten, immer mehr dem dichten dunklen Wald, der sie nun die gesamte Strecke durch die Bossonischen Marschen bis zum Donnerfluss begleiten sollte. Auch wenn sie diese Reise schon mehrmals zuvor unternommen hatte, so war sie sich dennoch der Gefahren dieser Wildnis bewusst und so schärfte sie ihre Sinne, hatte die Klinge kampfbereit in der Scheide gelockert und versuchte sich ganz und gar auf ihre Umgebung zu konzentrieren. Doch ihr Ritt verlief beinahe auffallend ruhig und ereignislos, bisher. Nur die Feuchtigkeit, die in Form von Nebel aus den Marschen heraufdrängte und so beinahe bis zum Mittag und dann schon vor Sonnenuntergang wieder die Sicht erschwerte, stellten ein kleines Hindernis da. Doch dafür stand schon früh ein rasch zunehmender Mond am Himmel, der sich nach Kräften mühte, wiederum für bessere Sicht zu sorgen und damit die sich vor Inepha ausbreitende Landschaft in ein unwirklich blasses Zerrbild zu verwandeln.

Der Abend brach bereits wieder herein, als sich zunächst der Kopf des Pferdes und dann die ihm folgende Reiterin durch das Dickicht des Waldrandes schoben und damit dem Ende der tagelangen und anstrengenden Reise durch die Wildnis entgegentraten. Direkt vor Inepha bahnte sich ein breiter Strom seinen Weg, gemütlich plätschernd und grugelnd zog er dahin, und dabei war es nur ein Nebenarm des großen Donnerflusses. Die Kriegerin hieß ihren Rappen mit leichtem Schenkeldruck dem Flussverlauf folgen, so käme sie am einfachsten in das Dorf, welches oben an den Wasserfällen gelegen war und das vorletzte Ziel auf ihrer Reise darstellte.
Als sie das Dorf endlich erreichte, hatten wohl auch die meisten Bewohner dort schon ihr Tagwerk vollendet. Viele waren auf dem Weg nachhause an die wärmenden Feuer und die gefüllten Töpfe, aber manche hatten dies wohl schon hinter sich, oder übersprangen diesen Teil des Tagesablaufes sogleich, und strömten direkt dem großen Gasthaus am Dorfplatz zu. Von der fremden Reiterin, der man ihre Reise nun schon deutlich ansehen konnte, nahm niemand besonders Notiz. Ein paar Vorbeieilende nickten ihr grüßend zu, aber allgemein schien man Fremde gewöhnt und wenig misstrauisch - verständlich, wenn man um die unweit stationierten Soldaten wusste.
Inepha stemmte sich aus dem Sattel und nahm sich einen Augenblick, die steifen Glieder zu strecken und zu recken, ehe sie ihr Tier am Zügel durch den Strom der Bewohner führte. Auch ihr Weg führte sie hin zum Gasthaus, wobei sie mit ihrem Pferd für die meisten ein Hindernis darstellte. So also versuchte sie sich am Rande zu halten und hielt nach einem Zugang zum Stall Ausschau, dass sie dabei wohl eine Kleinigkeit übersehen hatte.

"Heda, Vorsicht!", schallte sie ein dünnes, aber wütendes Stimmchen.
Die Kriegerin hielt erstaunt in der Bewegung inne und senkte den Blick. Vor ihr auf dem Boden saß ein kleines blondes Mädchen, vor sich eine Decke mit allerlei selbstgefertigtem Schmuck ausgebreitet, und ihr eigener, im Panzerstiefel steckender Fuß, war diesem bedrohlich nahe gekommen.
"Verzeih...", murmelte Inepha und tat einen Schritt zurück.
"Gewiss doch, werte Kriegerin", antwortete die Kleine höflich und bemühte sich sogleich, freundlich einladend zu lächeln. Ganz offenbar witterte sie die Aussicht auf ein unerwartetes Geschäft.
"Vielleicht wollt Ihr ja, nun da Ihr nicht mehr droht, mich zu zertreten, einen Blick auf meine Waren werfen? Das sind die schönsten Halsketten und Armbänder, die Ihr in der ganzen Gegend werdet finden können", pries sie ihre Auslagen an.
Inepha beugte sich tatsächlich ein Stück zu dem Kind hinab und betrachtete den Schmuck. Fast alle Stücke bestanden ganz offensichtlich aus den Dingen, die der große Fluss freigab; kleine weiße Muscheln, uraltes Holz, glattgeschliffene Steine in allen Farben und Formen. Wider eigenes Erwarten war das Interesse der Kriegerin geweckt und so nahm sie ein Stück nach dem anderen in die Hand, um es eingehender zu betrachten.
Das Kind, welches sich schnell als Alessiana vorstellte, erklärte ihr dabei ausführlichst, dass sie all diese Stücke zusammen mit ihrer Mutter anfertigte, um sie dann hier am Dorfplatz zu verkaufen. Auch erklärte sie ihrer Kundin die verschiedenen Anlässe, für die die Schmuckstücke gedacht waren. Sei es als einfaches freundschaftliches Geschenk, um eine Geliebte zu werben, oder aber auch um die eigenen Hochzeitsabsichten zu bekunden. Inepha hielt erstaunt inne, sah das Mädchen eindringlich an und mit einem Mal war es ihr, als würde sie in dem jungen unschuldigen Gesicht ein ganz anderes sehen. Plötzlich hatte sie Genieve vor Augen und war sich sicher, was sie zu tun hatte.
"Zeig mir noch einmal diese Ketten mit den weißen Muscheln, Kind. Du sagtest, diese wären... für eine Hochzeit gedacht?"
"Ja Herrin, das sind sie. Gerade letzte Woche haben wir eine solche an Kassius verkauft, der damit seiner liebsten Samiria einen Antrag gemacht hat. Die Hochzeit soll in drei Wochen stattfinden und sie haben mir versprochen, dass ich dabei Blumen streuen darf." Alessiana schien sich wirklich sehr darauf zu freuen, so wie sie nun zu Inepha herauf strahlte.
"Gut, gut, ich bin überzeugt." Musste diese mit einem Lächeln zugeben, griff in ihren Beutel und bezahlte bereitwillig den Preis, den ihr das Mädchen nannte. Die schöne weiße Kette schlang sie sich ums Handgelenk, um sie nicht mehr aus den Augen lassen zu können.

Ob dieser unerwarteten Unterbrechung abgelenkt, wendete sich die Kriegerin wieder vom Gasthaus ab, das sie zuvor noch hatte besuchen wollen. Nun hatte sie den Entschluss gefasst, sofort General Lupercus aufzusuchen und so ihren Auftrag schnellst möglich zu beenden, um dann noch viel schneller wieder zurück in Poitain sein zu können. Sie hatte dort nun etwas viel Wichtigeres zu erledigen. Kurz hob sie die Hand und betrachtete die hell im Mondlicht schimmernde Kette um ihr Handgelenk.
Inepha führte ihr Pferd aus dem Dorf hinunter in Richtung Fluss, wo sich schmale und gefährlich wankende Hängebrücken von einer Seite zu den Klippen erst in der Mitte des Flusses und dann hinüber zur anderen Seite spannten. Missmutig verzog sie die Lippen. Nicht nur dass die Brücken sehr schmal waren, auch war das Holz nass von der ständig aufspritzenden Gischt - ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Aber es blieb ihr wohl oder übel keine andere Wahl, denn die Klippen und Wasserfälle zu umgehen, die nur einen Steinwurf entfernt donnerten und so der ganzen Gegend ihren Namen verliehen, hieße einen Umweg von mehreren Tagen auf sich zu nehmen. Und danach stand ihr nun weniger der Sinn, denn je.

So fasste sie sich ein Herz und fest den Zügel ihres Tieres, um dieses hinter sich über die Brücke zu führen. Bei ihrem ersten Schritt gab das Holz ein bedrohliches Knarzen von sich, aber es hielt. Offenbar gehörte es zur Eigenart der Brücke, auch jede weitere Bewegung mit beunruhigenden Geräuschen zu untermalen, unheilverkündend zu schwanken und dennoch zu halten.
Trotz ihres beunruhigt wiehernden Pferdes hatte sie die erste Brücke rasch überquert und gönnte sich auf der mitten im Fluss liegenden Klippe eine kurze Pause um zu verschnaufen, ehe sie die nächste in Angriff nehmen wollte. Sie strich sich das schwarze und feucht in der Stirn klebende Haar zurück und blickte hinaus auf die nächste Brücke. Auch diese führte zu einer weiteren Klippe, dahinter wartete noch eine weitere Hängebrücke und dann wäre sie endlich am Ziel. Entschlossen trat sie wieder auf das rutschige Holz hinaus, packte mit einer Hand das Führungsseil und zog ihr Ross mit sich. Der Lärm der nahen Wasserfälle war ohrenbetäubend und die Gischt lag wie greifbar dichter Nebel über allem, raubte ihr trotz des einfallenden Mondlichtes die Sicht. Im Gegenteil, dadurch funkelte und schimmerte alles und überall in ihrer unmittelbaren Umgebung. Dadurch wurde sie auch nicht der Bewegungen gewahr, die sich drüben am Ende der Brücke regten und so war das erste Anzeichen der drohenden Gefahr der bemalte Pfeil, der plötzlich ihre Rüstung durchschlug, sich tief in ihre linke Schulter grub und sie beinahe von den Füßen riss. Vor Überraschung hatte sie nicht einmal genug Luft in den Lungen, um aufkeuchen zu können, aber instinktiv krallte sie die Finger um Seil und Zügel, konnte sich so fast auf den Beinen, aber immerhin auf der Brücke halten. Der Schlag ihres Herzens drohten ihr den Schädel zu sprengen, als ihr Blut wallte und zugleich in Strömen aus der frischen Wunde drang, unter der Rüstung ihre Brust hinablief und auf die Bohlen der Brücke tropfte. Die Kriegerin biss die Zähne zusammen, kauerte sich auf der Brücke zusammen, entging so einigen weiteren ungezielteren Pfeilen und spähte zum Ufer hinüber. Einzelne Schatten hasteten umher, eine ganze Hand voll. Zunächst konnte sie diese nicht erkennen, aber da sie nicht zurückschießen konnten, wurden sie schnell mutiger und kamen näher. Pikten! Wild bemalte Gestalten, die Tieren mehr ähnelten als Menschen, legten mit ihren Bögen auf sie an und ließen wieder Pfeile auf sie niederregnen. Instinktiv zog sie den Kopf ein und hoffte, denn ihren Schild konnte sie so nicht vom Rücken ziehen. Doch irgendjemand schien seine schützende Hand über Inepha zuhalten, sie wurde von weiteren Treffern verschont. Aber neben ihr brach mit einem Mal die Hölle los. Ihr Pferd stieg grässlich wiehernd auf die Hinterläufe auf, schlug mit den Hufen um sich und rutschte auf dem nassen Holz umher. Die Reiterin wurde von ihrem Tier am Oberschenkel getroffen und sackte sofort ein. Der Knochen war möglicherweise sofort gebrochen. Kurz starrte sie direkt in die vor Panik aufgerissenen weißen Augen des Pferdes, dann fiel ihr Blick auch auf den Pfeilschaft, der aus dessen Hals ragte. Warmes Blut schoss ihr, bedeckte sie und raubte ihr ganz und gar die Sicht. So hörte sie nur noch, und fühlte es natürlich am Zügel, der sie immer wieder mit sich riss, wie sich ihr Ross wieder und wieder aufbäumte, und seinen Schmerz hinausschrie. Plötzlich ging ein harter Ruck durch ihren linken Arm, kugelte ihn aus der verletzten Schulter und sie verlor erst den Boden unter den Füßen, dann den Zügel aus der Hand.

Panisch riss sie Mund und Augen auf, um wieder zu Atem zu kommen und etwas sehen zu können. Über ihr der Sternenhimmel, dann das Führungsseil der Brücke, ihre Finger die sich darum klammerten. Sie keuchte, presste die Lippen aufeinander und versuchte nach unten zu sehen. Direkt unter ihr gurgelte der Donnerfluss und kurz konnte sie noch ihr Pferd in den Fluten erkennen, ehe es vollständig von diesen verschlungen wurde. Wieder hob sie den Blick, gerichtet auf ihre Finger, deren Griff sich langsam zu lösen begann. Sie verzog das Gesicht vor Schmerzen, als sie versuchte, mit der Linken nach oben zu greifen, aber der Arm bewegte sich kein Stück. Verbittert begann sie zu lächeln ob der Worte, die sie noch vor wenigen Tagen an Genieve gerichtet hatte, ihre Zweifel die Zukunft betreffend. Dass sie sich keine Hoffnungen machte, da einem das Leben alles auch ebenso schnell wieder entreißen konnte, hatte sie ihr gesagt. Natürlich hatte sie nicht gedacht, dass dies so schnell passieren würde und schon garnicht auf so lächerlichem Wege. Abgestürzt von einer Brücke, was für ein Ende für eine Kriegerin! Tränen traten ihr auf die Wangen, als sie sich bewusst wurde, wie sie schon wieder ihr lächerlicher Stolz übermannte. Dieser Stolz hatte schon den letzten gemeinsamen Abend mit Genieve ruiniert. Ihr verschwommener Blick richtete sich nach oben... der Sternenhimmel schien zu kreisen... von irgendwo tönte Kampfeslärm und Schmerzensschreie zu ihr... die schöne weiße Kette lag blutbespritzt auf dem Führungsseil, nicht mehr um ihr Handgelenk... die Kraft in ihrem Arm lies nach... ihre Finger öffneten sich und sie schloss die Augen.

Eine Woche später tratt ein gerüsteter aquilonischer Soldat vor die Tore des Handelspostens Caer Faol in Poitain und stellte sich bei den Torwachen als Hauptmann Marcus von der Einheit am Donnerfluss vor. Bei sich führte er ein Dokument, welches er mit ernster Miene und einem kleinen Bündel überreichte. In jenem Bündel befinden sich Iephas Kurzschwert und eine Kette aus weißen Muscheln, die mit zahllosen Blutspritzern verunstaltet ist.

"An die Handelsgilde Kerns Hoffnungen

Mein Name ist General Lupercus, Anführer der aquilonischen Truppen unseres Königs Conan am Donnerfluss und Speerspitze des Reiches in den Landen der Pikten. Leider ist es ob des Krieges gegen Nemedien um unseren Nachschub nicht so gut bestellt, wie es vorgestellte Titel vermuten lassen und so waren wir seit einiger Zeit auf der Suche nach alternativen Versorgungswegen für unsere Truppen. In diesem Sinne trat Hauptmann Marcus, welchen ich nun auch mit dieser Nachricht zu Euch gesandt habe, an mich heran und empfahl mir Ihre Gilde an, da er doch eine von Ihnen, namentlich Inepha von Tesso, noch aus gemeinsamer Ausbildungszeit kannte.
Vor etwas mehr als einer Woche hatte diese Kriegerin ganz alleine den Weg zu uns gewagt und wir waren uns handelseinig geworden, so sie denn auch bereit wäre, eine erste Probe Ihrer Waren zu präsentieren.
Offenbar verlor sie keine Zeit, denn schon kurze Zeit später machte sie sich wieder auf den Weg zum Donnerfluss, laut Augenzeugenberichten auch beladen mit den gewünschten Waren.
Doch leider, und nun komme ich zum wesentlich und auch bedeuten schwerwiegenderen Teil meines Schreibens, hat uns Inepha von Tesso niemals erreicht.
Ich bedaure zu tiefst, Euch mitteilen zu müssen, dass sie kurz vor ihrem Ziel von einer Schar Pikten überfallen wurde, die unsere Wachposten umgangen hatten. Noch bevor unsere Männer diese Wilden niedermachen konnten, wurde die Kriegerin von ihrem Pferd in die Tiefe gerissen. Wir müssen mehr als annehmen, dass sie in den Fluten des Donnerflusses ertrunken ist, auch wenn wir ihren Leichnam nicht bergen konnten. Unterhalb der Fälle konnten unsere Suchtruppen nur das tote Pferd finden.
Ich versichere Euch unser tiefstes Mitgefühl für den entstandenen Verlust und wünsche Euch Mitras Trost für die Zeit Eurer Trauer.

Es verbleibt,
General Lupercus, Donnerfluss"
Even if it's easy to be free
What's your definition of freedom?
And who the fuck are you, anyway?
Who the fuck are they?
Who the fuck am I to say?
What the fuck is really going on?