Der Schnee knarzte unter seinen Stiefeln als Doren näher an die Hütte direkt am Waldrand trat. Unweit dahinter herhob sich eine mächtige und zerklüfftete Front aus Stein die nur den Fuß eines gigantischen Berges bilden sollte. Halb verborgen unter weiß behangenen Ästen wäre es ein leichtes gewesen das unscheinbare Gebäude aus Holz zu übersehen, wäre da nicht der aufsteigende Qualm der aus einem kleinen Schornstein emporstieg und schon im nächsten Moment von beißend kaltem Wind aus der Lichtung fortgetragen wurde. Wind, der ihm nun auch kleine Kristalle entgegenwehte die in der Haut stachen wie kleine Nadelspitzen. Ein Brummen ausstoßend zog er den Fellkragen enger zusammen und lehnte sich Schutz suchend gegen die Wand der Hütte. Eine schlechte Wahl, wie ihm die vom Dach stürzende Lawine bestätigte die nun kalt und nass auf die Schultern und den kahlgeschorenen Schädel pappte. Willkommen in Morheim - bei den Göttern, wie er diese Gegend hasste. Als wären sie mit der ewigen Dunkelheit nicht schon genug gestraft so war das hier zudem noch eine eisig kalte Hölle aus nassem Weiß im ewig anhaltenden Winter. Doren versuchte sich zu sammeln, warf einen Blick zurück und hob die Hand. Mit diesem Zeichen gingen einige Schemen weiter abseits zwischen den Baumstämmen in Deckung. Er wusste wie seine Männer nun ausschwärmen und in geübter Routine Stellung um diese kleine und unschuldige Hütte beziehen würden. Endlich. Lange hatte es gedauert und doch - so weit abseits jeder Zivilisation hatten sie ihn gefunden. Der Ansatz eines Lächelns umspielte die unter der Kälte bebenden Lippen.
Noch ein Zeichen zu seinen Männern, dann zog Doren den Handschuh von seinen Fingern und warf ihn achtlos neben sich. Statt der bis eben noch wärmenden Hülle spürte er nun das steife Leder, das um seinen Schwertgriff gewickelt war. Bereit die Waffe zu ziehen trat er um die Ecke, näher zum Eingang der Hütte. Sie stand offen. Beinahe regelmäßig drang daraus das metallerne Scheppern eines Hammers der auf Stahl eindrosch und flimmernde Wärme die den Schnee rings um den Zugang zu dunklem Matsch werden ließ. Je weiter er dem Zugang kam desto lauter wurde das Schmatzen unter seinen Stiefeln und er gab die Illusion auf, unbemerkt in das Innere der Hütte zu gelangen. Die alten und rostigen Türscharniere knarzten als er den Spalt vergrößerte und hineinschlüpfte. Eine Wand aus geballter Hitze schlug ihm regelrecht entgegen. Es roch beißend und intensiv nach Ruß, Öl und Leder. Der im Fell hängende Schnee taute innerhalb von Sekunden, tränkte nur wenig später auch die übrigen Stoffe seiner Kleidung und wurde zum feuchten Film der die Haut benetzte. Ein Film der sich unvermittelt mit Schweiß mischte als er die mittig im Raum stehendende Gestalt sah. Der Mann hatte ihm den Rücken zugewandt und machte keine Anstalten daran etwas zu ändern. Viel mehr hob er einmal mehr den Arm wobei sich deutliche Muskelstränge unter der bloßen und nackten Haut seines Oberkörpers spannten. Der Rücken, übersäht mit Narben von Klingen und Peitschenhieben. Bei manchen davon wusste Doren woher sie stammten. Im nächsten Moment zuckte er zusammen als der Arm des Mannes wuchtig hinabsauste und der Hammer auf das glühende Stück Metall auf dem Amboss drosch.
Klonk - Klonk - Klonk. Für den Augenblick schien die Zeit stillzustehen. Da war nur immer wieder diesen Scheppern wenn weiches Metall unter der brachialen Kraft des Hammers geformt wurde und der Schlag in den Trommelfellen pochte, in denen er auch das Rauschen des eigenen Blutes zu hören glaubte, Funken die zur Seite stoben. Nur dieser Mann der wie unbeteiligt inmitten des Raumes stand und sein Werk vollführte. Ein Mann dessen Haut in der düsteren und dunklen Hütte bald schwarz wie Obsidian zu sein schien. Orange glänzend im Schein der Kohlen die in der Esse vor sich hinglühten. Die einzige Lichtquelle. Darüber wildes, ebenso schwarzes Haar das zudem zu einem kleinen Zopf geflochten war. Darons Nasenflügel blähten sich auf. "Ich grüße dich" kam es zaghafter als er es beabsichtigt hatte, der klägliche Versuch sich aus dieser beklemmenden und einschüchternden Situation zu befeien. Der Tag hatte schon beschissen begonnen und erhoffte Besserung schien nicht in Sicht. Nein, im Gegenteil, der Mann zeigte keine Regung. Nur wieder: - Klonk - Noch ein Moment des Schweigens, in dem sich Daron an seine Männer im Wald ringums erinnerte, Wut in ihm keimte und das böse Lächeln den Weg zurück auf seine Lippen fand.
"Vieles gerät mit der Zeit in Vergessenheit. Aber manches nicht. Jemand wie du sollte es wissen" Doren sah auf den Tisch zu seiner Seite, trat näher an diesen und hob einen Krug um sich etwas vom Wein in den danebenstehenden Becher zu schenken, schwer darum bemüht oberflächliche Gelassenheit zu bewahren. Der Krug zitterte. "Noch weniger hat Darius vergessen was du einst geschworen hast. Und wie du dein Wort gegenüber uns Blutbringern brachst." Wieder das Lächeln ehe es hinter dem Becher verschwand als er ihn an die Lippen hob und sich einen Schluck vom Wein gönnte, dann aber zusammenzuckte als hinter ihm wieder der schlagende Hammer ertönte. Er stellte den Becher ab "So war uns dieser Tag also schon lange versprochen. Hier in der Abgeschiedenheit die du wähltest. Das Leben in der ach so aufrichtigen Legion war wohl nichts? Vielleicht musstest du erkennen. Blut das einmal an den Fingern klebt bleibt dort, ganz gleich wie sehr man sich auch bemüht es abzuwaschen. Ganz gleich, aus welchem Grund man sich die Finger erst schmutzig machte,hm?" Wieder lächelte Doren ob seiner Worte, doch das Lächeln erstarb unvermittelt. Erst jetzt stellte er fest, dass der Mann in seinem Tun innegehalten hatte und sich sehr ruhig und langsam zu ihm umdrehte.
Rote Augen die ihn ruhig ansahen und doch schien es als würden sie sich geradewegs in die seinen bohren. Keine Regung auf den dunklen und einfach nur ausdruckslosen Zügen seines Gegenübers, keine Regung auf den Lippen die auf kommende Worte deuten würde. Der Mann stand da und sah ihn einfach nur an, den Hammer noch immer in der Hand. Doren spürte wie es ihm die Kehle zuschnüren wollte, spürte das Herz unter seiner Brust rasen und pochen. Seine Finger verkrampften sich um den Schwertgriff. "Du weißt was dir für den Verrat blüht. Doch Darius ist gnädig. Gnädiger als du es zuweilen warst. Er bietet dir an deine Schuld abzuleisten. Zu bezahlen in dem du wieder in seine Dienste trittst." Damit war alles gesagt was gesagt werden konnte ehe seine Stimme brechen würde. Schweigen und bittere Ruhe, nur das Sausen des Windes der draußen vor der Hütte tobte. Rote Augen die sich in die seinen bohrten. Rote Augen die entschlossen funkelten. Der Moment, in dem Doren erkannte. Schrill und kreischend bellte er Befehle hinaus in der Hoffnung seine Leute würden sie hören, riss bei krampfenden Fingern an seinem Schwertgriff doch die Klinge blieb ob der Kälte in der Scheide stecken. Brüllend riss er noch einmal daran und sah wieder auf, sah in die die roten Augen die auf einmal viel näher waren, spürte warmen Atem über sein Gesicht streifen und da schlug der Hammer krachend in seinen Schädel.
Das geräuschvolle Knacken hing noch in der Luft als der Körper zu Boden ging. Wieder stand er ruhig und bald gelassen da und blickte nach draußen, sah das Schneegestöber vor seiner Hütte toben, hörte den Wind heulen und bellende, näherkommende Befehle der Männer im Wald. Die roten Augen Morgeths begannen zu glühen.