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21

Thursday, 12. October 2006, 21:33

Teil 4 - Einwanderung

"Der Trick am Reisen ohne Visum ist, niemals näher als 200 Meter an einen Zollbeamten heranzukommen."

Man stelle sich den Hamburger Hafen vor. Einen Seehandelshafen von Weltruhm, und entsprechend groß. Man stelle sich vor, wie viele Container jeden Tag umgeschlagen, ausgeladen, eingeladen, verschifft oder von stinkigen Hafenarbeitern in die See geworfen werden. Dann versuche man grob zu schätzen, wie groß die Chancen sind, das genau der Container, in dem sich Mark und Azuriel befanden, durchsucht wird. Anscheinend war die Chance immer noch zu groß dafür, denn wie das Schicksal so spielte, öffnete tatsächlich jemand den Container und warf einen Blick hinein.

In Momenten wie diesen freute sich Mark, das Leute beim Durchsuchen niemals an die Decke gucken, vermutlich aufgrund eines noch nicht tiefer erforschten Naturgesetzes . Denn dort hielten sich Mark und Azuriel auf; Azuriel, indem er die Schwerkraft etwas manipulierte, und Mark, indem er sich an ein paar Versteifungsstreben klammerte. Keine besonders elegante Art, sich am Zoll vorbei zu schmuggeln, aber es funktionierte gut, und allein das zählte. Entgegen seiner Art war Mark voll konzentriert, wohl hauptsächlich deshalb, weil der kleinste Konzentrationsverlust die Schwerkraft aus ihrem Tiefschlaf aufgeweckt hätte. Was wiederum Mark zu einem Absturz und den Zollbeamten zu einem Schädeltrauma verholfen hätte.

Die beiden Helden waren beim Einlaufen in Hamburg aufgewacht, hatten sich die letzten beiden Stunden ruhig verhalten und befanden sich jetzt in einem Container, der nach Erledigung der Formalitäten auf dem Anhänger eines LKW verzurrt sich stetig von Hamburg entfernte. Ohne weitere Zeitverschwendung öffneten sie eine der Türen und erblickten die Straße vor sich - genauer gesagt, die Verkehrsanbindung zu einer Autobahn. Nachdem man sich darüber einig war, das man die Transportmöglichkeit wechseln sollte, überlegte man sich die passende Möglichkeit zum Aussteigen.

"Hm, 60 Kilometer pro Stunde, wenn du mich fragst."
"Az ?"
"Ja ?"
"Niemand fragt dich. Also, nächste Kurve springen wir raus. Alle Waffen in der Tasche jetzt ? Glaub mir, ich bin aus mehr fahrenden Autos als sonst jemand gesprungen, und alles Harte sollte da besser nicht an deinem Körper sein, weil du garantiert drauf landest. Und gut abrollen, ok ?"
"Zum vierten Mal: Ja."
"Auf 3. 1 !"
Der Lastwagen bog in die Kurve.
"2 !"
Mark ließ die Tasche mit den Waffen auf die Straße fallen.
"3 !"

Und die beiden warfen sich mit nichtvorhandener Begeisterung auf den harten Asphalt.

Ohne großes Theater richtete sich Mark auf, sprintete zur Tasche und verschwand im angrenzenden Waldstück. Azuriel folgte ihm, sobald es seine Gliedmaßen erlaubten. Dort angekommen, erhob sich nach kurzer Wiederbewaffnung die Diskussion um das weitere Vorgehen. Nachdem Mark einsehen musste, das auch Azuriel von Zeit zu Zeit Recht hat, begab man sich wieder an die Straße und wartete auf das nächste Auto, das dann auch circa 3 Minuten später ankam. Azuriel spielte diesmal den Lockvogel - zum einen, weil er ein gewinnbringendes Lächeln einzusetzen hatte, und zum anderen, weil jeder nicht total isolierte Mensch Mark erkannt und überfahren hätte. Wohingegen der tiefblaue Kombi anhielt und sich eine relativ sanfte Männerstimme erhob, als Azuriel ins Blickfeld kam.

"Guten Tag, kann ich ihnen helfen ?"
"Sehr gerne. Wissen sie, ich war gerade auf einer Waldwanderung mit einem Freund von mir, aber er wollte noch ein paar Pilze suchen und da haben wir uns aus dem Augen verloren...Ah, das ist er ja !"
Der Fahrer drehte sich um und starrte in den Lauf von Marks Desert Eagle.
"Gestatten, mein Name ist Simmons, aber ich bin mir sicher, sie kennen mich bereits gut genug aus Presse und Rundfunk. Sagen sie, kennen sie die Eiche dort hinten ? Sehr schöner Anblick."
"Äh, nein...eigentlich...nicht..."
Mark setzte einen wunderbar imitierte Stimme auf und erwiderte mit
"Ich schlage vor, sie sehen sich das mal an !"

Der Fahrer stieg daraufhin aus und sprintete in den Wald, was Mark die Gelegenheit gab, sich auf den Fahrersitz zu setzen. Azuriel gesellte sich daneben - und etwa fünf Sekunden später war der Engel auf einmal sehr froh, in England am Steuer gesessen zu haben, denn Mark machte seinem Spitznamen "Reap" alle Ehre und fuhr wie der leibhaftige Henker. Ohne weitere Zwischenfälle - hauptsächlich aber durch Ermangelung von Dingen, gegen die Mark hätte fahren können - erreichte der Wagen die Autobahn. Mark schaltete in den fünften Gang und beachtete das Kupplungspedal für den Rest der Fahrt nicht mehr. Wenn es nach ihn ginge, hätte man einfach einen Backstein aufs Gaspedal legen können und sich so komplizierte Fußarbeit ersparen können. Zum Glück für alle Verkehrsteilnehmer auf dieser Strecke ließ sich im Auto kein Backstein oder ein vergleichbar schweres Objekt finden.

"Wir brauchen einen anderen Namen für dich."
"Wie bitte ?"
"Ich meine, du kannst doch nicht jemandem sagen, das du Azuriel heißt. Der Name ist etwas unüblich."
"Und wie soll ich mich sonst nennen ? Einer der Erzengel vielleicht ? Zum Beispiel Raphael ?"
"Nein, das ist ja noch schlimmer. Nimm was unauffälliges. Am besten einen amerikanisch klingenden Namen, dann kannst du deine Unwissenheit hinter einem schnellen `Das ist bei uns viel besser´ verstecken."
"Hm. Vorschläge ?"
"John..."
"...Smith ?"
"Ja, John Smith. So heißen zwar nur 43% alles Amis, aber ist ja schon mal ein Anfang. Also, wo ist dieses Lager der Armee der Sterblichen ?"
"Muss hier irgendwo sein. Wenn ich die Karte richtig im Kopf habe, nimmst du die nächste Ausfahrt."

Mark tat, wie ihm empfohlen, und nach kurzer Fahrt stoppte der Kombi vor einem Lagerhaus. Ein Lagerhaus, das zugegebenermaßen mitten im Wald an einer Forststrasse stand, aber ansonsten wie jede andere Lagerhalle aussah. Nun gut, ein gewöhnliches Lagerhaus hat wohl auch keine Wachen, die im schwarzen Anzug vor dem Eingang stehen, aber abgesehen davon sah es...Ok, lassen wir das. Auf jeden Fall hätte es Mark nicht davon abgehalten, sich den beiden Wachen anzunähern. Das allerdings war noch kein besonders guter Plan, also ließ er es zunächst.

"Wie kommen wir an denen vorbei ?"
"Anschleichen geht nicht, die haben alles im Blick. Und dein Präzisionsgewehr..."
"...liegt immer noch bei Alex in New York, wenn sie es nicht schon längst verscherbelt hat. Vielleicht sollten wir mal was ganz Unkonventionelles probieren. Wir ergeben uns !"
"Mark, zwei Fragen dazu. Was rauchst du und wo kriegt man was davon ? Mal ernsthaft, du schlägst vor, das wir uns entwaffnet und mit Waffen im Rücken da rein führen lassen ?"
"Nein. Du gehst jetzt ganz langsam da zu dem rechten Typen. Sie gucken in deine Richtung, ich schleich mich an, und Bingo !"
"Das klingt..."
Azuriel seufzte einmal sehr tief für den nötigen Effekt (der an Mark vorbeiging), dann fuhr er fort.
"Also gut, ich gehe. Wünsch mir Glück."

So erhob sich der Engel und näherte sich den beiden Wachen, die prompt ihre Waffen zogen und sie auf Azuriel richteten. Dieser hob die Hände und bewegte sich langsam zur Seite, um das Blickfeld der Wachen zur Seite zu verschieben.
"Hey Leute, ruhig bleiben. Keinen Stress, OK ? Ich bin hier, um mich zu stellen. Ihr seid doch die Typen, die uns Engel und Dämonen sechs Fuß unter der Erde haben wollen, oder ? Tja, ich dachte mir, gejagt werden ist hässlich, da mach ich mir lieber noch ein schönes Leben und bin euch nützlich. Also, da bin ich, wie geht es weiter ?"

Erst einmal überhaupt nicht.

Dann fand sich die erste Wache auf dem Boden wieder, nachdem Mark sie mit einem schnellen Handkantenschlag niedergestreckt hatte. Der Zweite stellte ein größeres Hindernis dar und bemühte sich, Mark so schnell wie möglich mit seiner Waffe zu erfassen. So gut war er dann aber doch nicht; Mark stürmte auf ihn zu und erreichte ihn, ehe er richtig zielen konnte. Zur Abwechslung arbeiteten die Naturgesetze einmal zu Marks Gunsten; dank der allmächtigen Trägheit rammte er den Mann mit voller Kraft und hatte noch genügend Impuls, sich zusammen mit diesem vom Boden abzustoßen. Den Bruchteil einer Sekunde später hatten die beiden ein Rendezvous mit dem Boden; die Wache wurde von Marks Gewicht regelrecht in den Boden gepresst und stellte mit unübersehbarer Überraschung fest, das in seinen Lungen keine Luft zum Schreien mehr da war. Mit letzter Kraft warf die Wache Mark von sich, der dadurch in Richtung eines Baumes flog. Dank einer Mischung aus Geschicklichkeit, himmlischer Macht und sehr, sehr viel Glück schaffte es dieser, sich vom Baum abzustoßen, einen olympiareifen Salto rückwärts auszuführen und den Flug auf dem Brustkorb der Wache abzuschließen, die daraufhin entgültig die Niederlage eingestand und das Bewusstsein verlor. Mark richtete sich auf und schaute zu Azuriel, der das Geschehen mit einem ungläubigen Starren kommentierte.

"Soviel zum einfachen Teil des Plans."
"Also, jetzt gehen wir beide da rein und stellen den Laden auf den Kopf, oder wie hast du dir das vorgestellt ?"
"Hol deine Waffe raus und überlass mir das Reden."
"Weißt du eigentlich, das ich es hasse, wenn du so was sagst ?"

Zu spät. Mark öffnete die Tür und betrat das Gebäude, dicht gefolgt von Azuriel, der seine Waffe leicht nervös durch die Absammlung von Menschen schwenkte, die sich im Raum befanden. Jeder der Gangster griff - sofern vorhanden - nach einer Waffe, allerdings verstand es Mark, der Situation mit einem ruhigen Kopfschütteln Herr zu werden.

"Finger weg von den Waffen. Mein Leibwächter hier hat einen äußerst nervösen Zeigefinger."
Einer der Angesprochenen erwiderte Marks Ansprache.
"Soll das ein Scherz sein ? Ihr marschiert hier rein, als ob euch der Laden gehört, und dann glaubt ihr, wir lassen uns von einer 9 Millimeter beeindrucken ? Das ist vermutlich das Lustigste, was ich den ganzen Tag gehört habe ! Aber egal, ich weiß nicht, wie ihr Vollidioten an den Wachen draußen vorbei gekommen seid, aber euer Weg endet hier !"
Der Sprecher erhob sich, bis er von Azuriel in seine Schranken verwiesen wurde.
"Jetzt hörst du mal zu, Freundchen. In dieser Knarre hier habe ich 15 kleine Freunde, und sie können alle schneller rennen als du. Und wenn du dir schlau vorkommst, weil du Kevlar trägst, denn wirst du angenehm davon überrascht sein, das ich bei der Polizei einkaufen war und mir ein paar Magazine panzerbrechende Munition besorgt habe. Kurzfassung: Du bist Schweizer Käse, wenn du auch nur mit dem Schließmuskel deiner Blase zuckst !"

Entweder war die angesprochene Person extrem mutig oder sehr, sehr dumm.

Der Sprecher hob eine Schrotflinte. Mark duckte sich. Azuriel, in einem Anflug von Professionalität, verschoss aus seiner Waffe drei Projektile und traf den Mann in der rechten Hand sowie zweimal am Kopf, worauf sich eine sehr unschöne Pfütze aus Blut unter ihm bildete. Mark erreichte die Hocke in etwa diesem Augenblick und zog den Colt aus einer Manteltasche, bevor der Kampf wieder einen Moment abflaute. Drei Hülsen klingelten unter Azuriel, als sie auf dem Boden aufkamen und langsam zur Ruhe kamen.

Dann einen winzigen Augenblick Stille.

Ein weiterer, sehr hagerer Anwesender griff nach einem schweren Revolver, richtete ihn in die grobe Richtung von Mark (der geneigte Leser hätte bei näherer Betrachtung festgestellt, das solche Typen niemals wirklich gut zielen und deshalb auch nie etwas wichtiges treffen) und drückte ab. Wem schon das Klingeln der Hülsen zu laut war, der hielt sich jetzt die Ohren zu; denn dieser Mündungsknall gehörte wirklich kaum noch ins Reich der Sterblichen und zeugte von einem dieser wirklich, wirklich schweren Kaliber, mit denen man Elefanten oder Blauwale erlegen könnte. Treffen allerdings - nun ja, durch den Rückstoß erhielt der Schütze eine Platzwunde an der Stirn, als die Waffe zurückgeworfen wurde. Die Kugel durchschmetterte die Wand und ein paar unschuldige Fichten, traf aber ansonsten nichts wichtiges.

Inzwischen hatte es Mark geschafft, sich ein Ziel auszusuchen. Eins, zwei, drei, vier Projektile Kaliber 10mm trafen eine etwas untersetzte Person in den Brustkorb, wobei die letzte genau durch die rechte Herznebenkammer ging und damit wenigstens für einen relativ schnellen Tod sorgte. Die nächsten Zwei hatten noch nicht einmal nach Waffen gegriffen, da wurden sie auch schon durchlöchert, mit je drei Schuss in den Torso. Keine besonders schöne oder elegante Methode, aber sie funktionierte. Auch Azuriel feuerte weiter mit wachsender Begeisterung in die Menge und erwischte mehrere Personen an Armen, Beinen oder Kopf, allerdings eher durch Glück als durch Können. Einen weiteren Unglücklichen verpasste Mark ein drittes und viertes Auge, bevor zeitgleich bei seiner und Azuriels Waffe der Schlitten in der hinteren Stellung einrastete. Oder, einfacher ausgedrückt, nix Munition.

Wobei dummerweise noch ein Gegner übrig blieb.

In Momenten wie diesen kannte Mark nur eine gute Strategie, nämlich Nahkampf. Nun ja, gut und schön, aber dazu musste er erst einmal an den Gegner heran. Mit einem schnellen Sprung machte sich Mark auf den Weg durch den Raum, während sein Gegner das Feuer eröffnete.

1,2,3...Schrank. Die Kugeln hatten Mark nicht einmal gestreift.
4,5...Wand. Die letzte Kugel schrammte knapp an Marks kugelsicherer Weste vorbei und versengte die Flanke seines Mantels.
6,7...Mark konnte gerade noch rechtzeitig unter den Schüssen hinwegtauchen und warf sich unter einen langen, breiten Holztisch.
8,9,10,11...Mark krabbelte schneller als sein Gegner schätzte, daher gingen alle Projektile durch den Tisch in den Fußboden, ohne Mark auch nur zu berühren.
12,13,14,15...Und wieder nur Nieten, während Mark mit einer schnellen Vorwärtsrolle direkt vor seinem Gegner landete.

Und hier bot sich ein gar wundersames Bild - zwei Actionhelden, die auf einander zielen und beide keine Munition mehr in ihrer Waffe haben. In der Luft lag eine Spannung - es war, als hätte es jemand geschafft, eine riesige Stahlkugel auf der Spitze des Mount Everest zu balancieren, und jede Bewegung würde das Gesamtbild zerstören und zu schrecklicher Verwüstung führen. Nichts bewegte sich...dass heißt, Azuriel bewegte langsam seine linke Hand in der Hoffnung, unbemerkt nachladen zu können. In der Stille dieses Moments hätte man eine Fliege husten hören können. (Mal davon abgesehen, das Fliegen nicht husten können, aber irgendwann werden sie es sicher lernen.)

Dann bewegte sich der Schlitten von Marks Colt nach vorne. Mit dem Mut der Verzweiflung drückte er ab, und tatsächlich schnellte der Schlitten noch ein Mal nach hinten, während sich eine Kugel in die Brust seines Gegenübers bohrte, der daraufhin zu Boden stürzte und Blut spuckend liegen blieb. Mark fischte ein neues Magazin aus seinem Mantel, lud nach und zielte auf den Kopf des Feindes. Der warf einen letzten Blick nach oben, bevor seine Welt in Dunkelheit versank.

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22

Thursday, 12. October 2006, 21:33

Teil 5 - Abstieg

"So oft, wie ich unter der Erde bin, hätten die besser einen Maulwurf rekrutieren sollen."

In den nächsten Minuten erschallte mehrfach das befriedigende Klicken, das beim Nachladen einer Feuerwaffe entsteht. Nachdem Mark sichergestellt hatte, das wirklich alle seine Waffen jetzt fertig geladen und einsatzbereit waren, sammelte er noch zwei der herumliegenden Schrotflinten auf und betrachtete sie etwas genauer. Eine, ein schwarzes Monster aus Metall, sah verdächtig nach einer halbautomatischen SPAS 12 aus; das diese Flinte beim Militär verwendet wird, beeindruckte Mark aber nicht so sehr wie ein einziger Blick auf das zweite Exemplar - eine gekürzte Mossberg 590, oder anders ausgedrückt, eine von Sharons Waffen. Mark verstaute die kurze Waffe in seinem Mantel, dann warf er die SPAS Azuriel zu.

"Die wirst du brauchen, der Kampf ist noch nicht vorbei."
"Ach ja ? Heben mal bitte alle, die noch am Leben sind, eine Hand ?"

Zur Überraschung von Azuriel erhob sich tatsächlich eine einzelne Hand aus dem Stapel Leichen auf dem Boden. Unter den ungläubigen Augen der beiden Helden erhob sich ein etwa 20-jähriger Mann im Standardanzug der AdS und verschränkte dann die Hände hinter seinem Kopf.

"Bitte, nicht schießen !"
"So gründlich waren wir dann wohl doch nicht. Also Kleiner, gibt es einen vernünftigen Grund, dir keinen Einlauf mit Wolframschrot zu verpassen ?"
"Sie...sie...suchen doch den Dämon, oder ?"
"Weiter..."
"Na ja, ich kenne den Eingang zu den unteren Ebenen."
"Ein wirklich unheimlich praktischer und überhaupt nicht verdächtiger Zufall, der uns mehrere langweilige Stunden Suchen erspart und uns gleich wieder an den Puls der Action heranbringt, was ?"
"Mir egal, ich liefere hier nur Aktenordner vom Archiv in die Büros..."
"Dann zeig mir doch mal bitte den Eingang, denn das erhöht deine Chancen extrem, dieses Gebäude lebend zu verlassen."

Der Botenjunge (was eigentlich eine politisch inkorrekte Bezeichnung ist, heutzutage nennt sich der Berufszweig Informationstransport-Provider) wies den Weg zu einer falschen Wand, deren Schlossmechanismus nach etwa drei Schuss Kaliber .50 in Einzelteilen auf dem Boden lag und somit den Weg der Beiden nicht mehr aufhalten konnte. Nachdem man den Botenjungen instruiert hatte, dass eine falsche Bewegung den Verlust multipler lebenswichtiger Organe bedeuten würde, führte der Weg nach unten.

Szenenwechsel...

Im dritten Untergeschoss des Gebäudes war der Tag bisher eher langweilig verlaufen; die Klimaanlage machte Macken und hatte sich noch nicht zwischen Erfrieren oder Ersticken als humanere Todesart für die Angestellten auf dieser Ebene entschieden. Auf dem Flur herrschte der übliche Stau am Kaffeeautomaten, den - ebenfalls wie immer - die Wachleute mit freundlichem Verweis auf ihre Wichtigkeit für die Operation, ihr hohes Gehalt sowie ihre halbautomatischen Handfeuerwaffen für sich entschieden. Ebenfalls wie gewöhnlich konnten sich die Wachleute - von den Wissenschaftlern der Anlage scherzhaft als "letzte lebende Verwandte der Neandertaler" betitelt - nicht für eine bestimmte Kaffeesorte entscheiden. Aus eben diesem Grund hatten sich sämtliche anderen Mitarbeiter bereits wieder in ihre Büros zurückgezogen und versäumten die Diskussion der Waffenträger, ob "echte" Männer ihren Kaffee auch mit Kondensmilch trinken dürfen. Dann ertönte ein kurzes "Pling!" aus Richtung des Fahrstuhls, und auf einmal hatten die Wachleute ein sehr, sehr viel größeres Problem.

Einen offensichtlich leeren Aufzug, aus dem ohne ersichtlichen Grund eine Splittergranate auf sie zurollte. Und zu ihrem Leidwesen eine echte, scharfe, entsicherte und generell wirklich unfreundliche Splittergranate. Während jeder einzelne Wachmann die vorangegangene Diskussion für sich selbst bedauerte, kam die polternde Sprengladung langsam zur Ruhe; es folgte ein Moment absoluter Stille.

Es zuckte ein grausamer Lichtblitz durch den Korridor und verbrannte alles, was sich ihm in den Weg stellte, während Hunderte winziger Metallsplitter auf der Welle der Zerstörung mitritten und alles durchbohrten, was ihnen wiederum im Weg war. Der schreckliche Paukenschlag der Explosion erschütterte die gesamte Ebene, während die flammende Gaswolke immer weiter um sich griff, bis sie nur noch sich selbst verzehren konnte. So kam das Armageddon im Kleinformat langsam zum Stehen und hinterlies eine Schneise von Zerstörung wie einst der Tunguska-Meteor, nur natürlich im entsprechend kleineren Maßstab.
Im darauf folgenden Chaos ließen sich Mark und Azuriel durch eine Luke im Fahrstuhldach in die Kabine fallen und bewegten sich mit relativer Gelassenheit durch den Gang, während der gesamte Verwaltungs- und Forschungsbereich dieser Anlage alle Angestellten auf den Gang spuckte, die sich dann prompt auf den Weg zur nächsten Feuertreppe machten und im Moment wirklich größere Sorgen hatten als zwei Unbekannte, die mit Schrotflinten in der Hand, Sonnenbrillen im Gesicht und Lächeln auf den Lippen in die entgegengesetzte Richtung liefen. Ein paar Leute schauten noch reumütig nach dem Kaffeeautomaten. Aber dieser hatte fast die Hauptlast der Explosion abgefangen; er war zerstört. Auseinandergeblasen. Zerstückelt.

Nun ja, dachte man sich, es würde andere Automaten geben. Es wäre zwar nie mehr so schön, aber Koffein ist Koffein, oder ?

Die Leidtragenden der Explosion lagen jetzt auf dem Boden; einige tot, aber der Großteil bewusstlos, was im Anbetracht ihres körperlichen Zustands wohl doch die humanere Variante war. Azuriel kommentierte wieder nur mit einem Kopfschütteln und stoppte dann auf dem Gang, bückte sich und kümmerte sich um die Überlebenden.

"Geh du nur vor, ich schau mal, ob hier noch was zu retten ist."
"Wenn du Probleme damit hast, Leute umzubringen, dann bring beim nächsten Mal ne Blendgranate mit."
"Merk ich mir."

Mark setzte den Weg alleine fort und gelangte an eine schwere Panzertür; allerdings hatte er nicht mit einem kugelsicheren Schloss gerechnet.

"Az, wir müssen hier durch. Kennt einer von deinen Schützlingen die Kombination ?"
"Glaube ich nicht. Wenn überhaupt, sind alle Leute, die sie kennen könnten, gerade geflohen, und selbst bei denen scheint es mir eher unwahrscheinlich zu sein."
"Dann haben wir ein Problem. Kannst du Schlösser knacken ?"
"Nein. Du ?"
"Hab mal einen Schlösserlehrgang gemacht, aber das hier ist kein Vorhängeschloss. So etwas findet man eher in Fort Knox. Du hast nicht zufällig einen Schneidbrenner dabei ?"
"Versuch eine Feuerbeschwörung, ich bin zu fertig, um da etwas zu bewegen."
"Feuerbeschwörung. Klar. Nichts einfacher als das, mach ich jeden Morgen für meine Spiegeleier."

Mark versuchte, sich zu konzentrieren.

Feuer. Feuer. Mark dachte daran, versuchte sich eins der größten Feuer der überlieferten Geschichte vorzustellen, aber es gelang ihm nicht. Er hatte vom großen Feuer in Chicago gehört, hatte sogar mal eine Gedenkstätte dafür besucht, aber er konnte sich einfach kein Bild davon machen, nicht auf Anhieb zumindest. Also versuchte er es etwas langsamer. Er stellte sich ein Streichholz vor, was ihm auch ohne größere Schwierigkeit gelang. Er zündete es an, hielt es in einer imaginären Hand, und warf es in eine imaginäre Scheune voll mit imaginärem Heu. Und zum zweiten Mal brannte das hölzerne Chicago des 19. Jahrhunderts ab, während sich um Marks reale Hand eine Flamme formte.

Wenn man als Profikiller arbeitet und dann als Paladin rekrutiert wird, bekommt man allerhand wunderliche Dinge zu sehen. Mark zum Beispiel sah gerade, dass seine rechte Hand lichterloh brannte, obwohl er nichts fühlte und es der Hand nichts auszumachen schien. Nachdem er sich erfolgreich davon abgehalten hatte, zuviel darüber nachzudenken, legte er die Hand an die Tür. Das Metall verfärbte sich rötlich; schmelzender Stahl tropfte auf den Boden, und langsam gab die Tür nach. Mark vergrößerte das Feuer in seinem Geist noch weiter; er stellte sich vor, dass der Boden brannte, dass eine riesige Welle von Feuer alles verbrannte. New York. London. Moskau, wobei ihm dieser Gedanke aus irgendeinem Grund besonders gut gefiel. Er öffnete die Augen, nachdem er die gesamte Erde mental flambiert hatte.

Seine Hand zeigte ins Leere; vor seinen Füßen ergoss sich ein Fluss aus heißem Stahl.

Vor ihm stand Sharon, die über die plötzliche Verflüssigung ihres Gefängnisses extrem überrascht war. Hinter ihm stand Azuriel, der von der plötzlichen Verflüssigung von Sharons Gefängnis sehr überrascht war.

Zwischen ihnen stand Mark, der von der plötzlichen Verflüssigung von Sharons Gefängnis eigentlich eher nicht überrascht war, aber trotzdem einen ziemlich entgleisten Gesichtsausdruck auflegte.

"Mark !"
Besagter Paladin schaute über seine Schulter, so, als ob er sich nicht ganz sicher wäre, ob sie tatsächlich ihn meinte.
"Entschuldigung, hat etwas länger gedauert, dich zu finden. Mich zu finden. Ihn zu finden."
"Und wer ist deine nette Begleitung ?"
"Azuriel. Mein Kontakt zum Himmel."
"Hey Engel, nimm es nicht persönlich, aber früher hab ich Leute wie dich durch den Fleischwolf gedreht."
"Auch nett, dich kennen zu lernen."
"Ok, Schluss mit den Höflichkeiten, raus hier !"

Das Trio bewegte sich wieder auf den Fahrstuhl zu, als dieser auf einmal die Türen schloss und sich auf den Weg nach oben begab. Mark starrte etwas ungläubig, bevor es ihm wieder gelang, kohärent zu denken.

"Scheiße !"
"Was ist denn los ?" Sharons Frage war von ihrem Standpunkt gesehen berechtigt, einmal, weil sie aus ihrer Position nicht besonders viel von den Einsatztaktiken der Armee der Sterblichen mitgekriegt hatte, und außerdem, weil sie mangels Lichtschutz in dem hell erleuchteten Korridor nicht besonders viel sehen konnte.
"In einer halben Minute haben wir ein Säuberungsteam am Arsch, und die werden wohl mit schweren Waffen anrücken. Az ?"
"Wenn der Aufzug wieder unten ist, wird der Korridor hier mit Blei ausgekleidet, Capiche ? Entweder gehen wir hier irgendwo in Deckung und warten darauf, dass sie uns ausräuchern, oder wir sprinten die Treppen hoch und ersparen ihnen den Weg hier runter."
"Az, wie groß ist so ein Team ?"
"Die Größten haben etwa ein Dutzend Profis, und die werden sich wohl oben geteilt haben."
Der Aufzug begann wieder mit seinem Abstieg. Mark überlegte kurz (oder machte ein angestrengt aussehendes Gesicht), dann warf er Sharon ihre Schrotflinte und seine Sonnenbrille zu.

"Sechs sind besser als ein Dutzend, alle mir nach !"

Und so stürmten die drei die Feuertreppe hoch, geradewegs in die Falle, mit der vagen Hoffnung darauf, den Stepptanz durchs Minenfeld zu überleben.

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23

Thursday, 12. October 2006, 21:36

Teil 6 - Wiedervereinigung

"Soviel zum Trio Infernale..."

Treppen sind, wie die meisten Menschen heutzutage wissen, eine zutiefst unpraktische Sache. Zunächst einmal stolpert man auf Treppen recht häufig, was lächerlich aussieht und sehr schmerzhaft ist, weil noch nie jemand auf die Idee gekommen ist, Treppen aus Weichgummi zu bauen. Treppen kann man auch nicht schnell herabsteigen, nicht ohne zu stolpern und dabei, um es in verständlicherer Sprache auszudrücken, mächtig auf die Fresse zu knallen. Aber am schlimmsten an Treppen ist der Aufstieg, und das bekamen unsere drei Helden kräftig zu spüren.

Mark stellte sich beim Treppensprinten eher professionell an, aber das half seiner Laune auch nicht besonders; Freude um das Wiedersehen mit Sharon mischte sich mit Reue ob der vielen Opfer dieses Kreuzzuges sowie einer generellen Unmut ob der protestierenden Muskeln in seinen Waden. Ähnlich ging es Sharon - sicher, nichts gegen ein wenig Frischluft, aber sie hätten ja auch durchaus erst einmal für ne saubere Umgebung sorgen können. Azuriel dachte nur daran, wie schön so eine körperlose Existenz doch ist. Normalerweise vertrat er den Standpunkt, dass die Welt der Sterblichen voller Wunder war - mit der Zeit war ihm allerdings klargeworden, dass die absolute Mehrzahl dieser Wunder nicht gefährlich, aber ungeheuer nervtötend war. So wie diese verdammten Feuertreppen.

Ebenfalls unbegreiflich erschein ihm diese unerklärliche Faszination für Handgranaten, die in enge Räume geworfen werden, so wie das Exemplar, das vor ihm die Treppe herunterrollte. In den wenigen Sekunden, die der Verzögerungszünder ihnen ließ, zogen die drei ihre Waffen und sprinteten weiter nach oben, wo sie fast zeitgleich den Ausgang erreichten und sich mit kräftigen Sprüngen in die Luft erhoben.

Für einen winzigen Augenblick hingen die drei Helden mitten im Hechtsprung in der Luft über dem Sondertrupp der AdS. Dann schlug ein flammendes Inferno aus dem Gang und riss alle Anwesenden zur Seite. Mark wurde kaum noch erfasst und schaffte es daher, noch im Flug ein paar persönliche Einladungen ins Jenseits zu verschicken (von denen allerdings keine angenommen wurden), bis er auf dem Boden landete und seine CAWS kein Feuer mehr spuckte. Sharon warf sich mit ihrem gesamten Körpergewicht gegen einen Soldaten und beförderte ihn ein paar Meter weit, ehe sie mit ihm auf den Boden aufschlug, abrollte und den (geringfügig) überraschten Mann gegen die nächste Fichte donnerte. Azuriel bekam von der Explosion einen kräftigen Aufwärtsschub und landete mit mehr Glück als Geschick auf der Krone eines besonders hohen Baumes, wo er nach kurzem Verweilen wieder seinen Griff löste und sich auf einen schon etwas überraschteren Soldaten stürzte.

Und ab diesem Zeitpunkt wurde der Kampf ungewöhnlich.

Mark stellte fest, das seine Waffe eine Ladehemmung hatte; er machte sich eine mentale Notiz, einen gesalzenen Beschwerdebrief an Heckler und Koch zu senden, dann richtete er sich rollend auf und zog sein Schwert. Sharon richtete ihre Schrotflinte auf ihr vormaliges Ziel und feuerte eine Ladung Schrot, die dem wirklich nicht vom Glück verfolgten Soldaten ein paar sehr hässliche Kopfwunden zufügte. Ohne weitere Nettigkeiten betätigte sie den Unterschaft und warf die verbrauchte Hülse aus, bevor sie sich in auf ihr nächstes Opfer stürzte. Mark indessen schwang wie ein Verrückter mit der Klinge, aber sein Gegner wich schnell zurück. Allerdings Bedauernswerterweise nicht weit genug, denn im selben Augenblick wurde sein Weg von einer dieser wirklich ungünstig platzierten Fichten gestoppt, und Mark zog einen eher oberflächlichen Schnitt quer über die Brust des Mannes. Nicht wirklich tödlich, aber der Mann brach trotzdem vor Schmerzen winselnd zusammen. Azuriel verteilte in der Zwischenzeit ein paar herzhafte Tritte, bevor er sich endgültig für einen Gegner entschied. Mit übermenschlicher Beweglichkeit setzte er zu einem Rundkick an, erwischte den Hals des Mannes mit der Kniekehle seines linken Beines und strangulierte den Soldaten auf diese Weise. In völliger Ignoranz vor physikalischen Gesetzen stieß er sich mit dem rechten Bein vom Boden ab; er versenkte das freie Knie in der Magengrube des Gegners und landete rollend auf seinem Rücken, wodurch er den Mann mitzog und ihn schließlich in der Bewegung freigab, was diesen dann mit großer Wucht gegen die Wand des Lagerhauses schleuderte und ihm dabei unglücklicherweise das Genick brach.

Mit einem kräftigen Schwung schleuderte Mark sein Schwert in die Richtung eines von der Wucht der Ereignisse überforderten Mann, der auf sehr schmerzhafte Weise gegen einen Baum genagelt wurde. Sharon feuerte noch eine Schrotpatrone und erwischte einen von Azuriel angeschlagenen Soldaten direkt an der kugelsicheren Weste, feuerte erneut, dann noch einmal - keine dieser Kugeln ging durch die Weste, aber die Wucht des Aufpralls zerschmetterte den Brustkorb des Soldaten und ließ ihn ohnmächtig zusammenbrechen.

Damit waren fünf Gegner ausgeschaltet, aber wie üblich war der Letzte mal wieder die größte Herausforderung, denn dieser kam auf die wirklich geniale Idee, die Pistole in seiner Hand auch zu verwenden. Also feuerte er ein volles Magazin in die Richtung von Azuriel, der wie ein absolut wahnsinniger blutgrätschender Fußballspieler über den Boden schlitterte, Haken schlug und so dafür sorgte, dass die Feuerkraft des Soldaten wieder nur zur Waldschädigung genutzt wurde. Azuriel sprintete weiter, sprang, dann hang er für ein paar Augenblicke in der Luft und führte im Vorwärtsflug einen Backflip aus; ein schneller Tritt nach dem Kopf seines Gegners wurde mit einem schnellen Ausweichen nach hinten gekontert. Azuriel hing zu diesem Zeitpunkt de facto auf dem Kopf im Spagat in der Luft, verendete die Rotation und landete mit dem ungenutzten Bein auf dem Boden, wo er sofort mit einem schnellen Tritt gegen den Kopf des Gegners nachsetzen wollte, was aber wiederum nur ins Leere führte. Mit der nächsten Drehung zog Azuriel das Standbein an und verwandelte so den hohen Rundkick in einen Bodenfeger, der die offenbar nicht so schnellen Beine des Gegners erwischte und ihn zu Fall brachte. Während sein Gegner noch in der Luft hing - auch beim Stolpern war er nicht der Schnellste, wie es schien - drehte Azuriel seinen Torso zur Seite, landete in einer Art schrägem Handstand und versetzte dem fallenden Soldaten mit dem eingeknickten Bein einen schallenden Tritt gegen den Rücken, worauf dieser kapitulierend ohnmächtig wurde und das Feld räumte.

Mark setzte einen Gesichtsausdruck auf, der noch etwas verwunderter als sonst aussah.

"Cool, wusste gar nicht, dass du so etwas kannst. Was ist das für ne Technik ? Kung-Fu ? Karate ? Jiu-Jitsu ?"
"Los Angeles Breakdance."
"Also Jungs, tolle Vorstellung, aber können wir uns jetzt verpfeifen ?"
"Schauen wir erst mal, was sich hier noch aufsammeln lässt."

Wer schon einmal einen Berg von Leichen nach brauchbarer Ausrüstung durchsucht hat, kennt den wirklich abartigen Gestank von trocknendem Blut, lästige verkrampfte Finger, die wertvolle Waffen festhalten sowie die im Allgemeinen sehr dämlich aussehenden Gesichtsausdrücke der Opfer. Überraschenderweise lebte einer der Elitesoldaten noch; Mark verschnürte ihn zu einem handlichen Paket und beförderte ihn dann mit der restlichen Ausbeute in den Kofferraum des tiefblauen Kombis. Nachdem dieser fachgerecht verschlossen war, stellte sich fast automatisch die Frage nach dem nächsten Ziel.

"Also, zunächst mal brauchen wir noch ein paar Vorräte. Hier in der Nähe gibt es ein Lager der Bundeswehr, da müsste sich was auftreiben lassen."
"Das ist ja schön und gut, Mr. Ich-lasse-Auftragskiller-meine-Drecksarbeit-machen, aber was ist mit den Siegeln ? Wie viel haben wir jetzt eigentlich gesichert ?"
"Drei."
"Was ist mit dem in London ?" Marks Einwurf wurde von Azuriel mit einem gewinnbringenden Lächeln beantwortet.
"Da habe ich mich drum gekümmert. Aber wir schaffen es nicht, alle vier Siegel so abzuklappern, da ich auch keinen präzisen Standort kenne. Wir werden uns trennen müssen."
"Also, sag an, wo sind die Siegel ?"
"Das erste ist in Rom. So weit ich weiß, hat der Sohn von einem Gangsterboss genauere Informationen, aber er wird sie wohl nicht einfach so rausrücken. Ich gebe dir per Handy mehr Info, sobald du da bist. Das Zweite ist in Kimberly, Republik Südafrika. Da muss sich Sharon bemühen, ich habe nicht die nötigen Fähigkeiten mir da Zutritt zu verschaffen."
"Und wie soll ich das bitte anstellen ?"
"Ich gebe dir im Wagen einen Crashkurs in Schutzrunen, alles andere ist dein Problem."
"Bravo. Und was macht unser Sonnyboy ?"
"Das Dritte liegt unter einem Tempel in Nepal, da kümmere ich mich drum. Wir treffen uns in Brasilien, da liegt das letzte Siegel."
"Also dann, was stehen wir hier noch rum und quatschen ? Wir haben eine Welt zu retten."

Mark erwiderte Sharons Ausspruch mit einem gemurmelten "Ich werde langsam zu alt für solche Sachen", dann begab man sich in geschlossener Formation zum Wagen. Mark startete den Motor und blickte kurz nach hinten, dann setzte er den Kombi zurück.

Jonas raffte sich auf. Der stechende Schmerz in seiner Brust hatte ihn wieder aufgeweckt, und ihn daran gehindert, sich aufzurichten. Also robbte er auf dem Boden entlang. Seine höheren Gehirnfunktionen schrieen ihm zu, er solle möglichst weit weg von diesem blauen Kombi weg sein, aber er ignorierte das. Er wusste nur, dass er jemanden umbringen sollte, und alle, die hier noch lebten, saßen in dem Wagen. Also musste er sie töten. Er robbte weiter, dann berührte seine Hand eine MP5, die hier jemandem aus der Hand gefallen war. Ein paar Sekunden lang überlegte er, dann folgerte er, dass eine Maschinenpistole etwas Gutes ist. Also griff er nach der MP5 und wunderte sich noch, woher dieses komische Motorengeräusch kam. Zwei Sekunden später rollte ihm der Kombi über die Hand und fuhr dann im Vorwärtsgang noch einmal drüber. Jonas schaute ein paar Sekunden auf den Hautsack mit Knochenfragmenten, der einst seine Hand war, dann fiel er wieder in Ohnmacht.

Der Kombi, dessen Insassen nichts von der kleinen Tragödie mitbekommen hatten, raste in Richtung Autobahn, und wieder einmal erwies es sich als echter Fehler, das man Mark ans Steuer gelassen hatte. Der Kombi bahnte sich seinen Weg durch exzessiven Einsatz von Hupe, Lichthupe und Marks linkem Mittelfinger, und beiden Vertretern der übernatürlichen Sphäre wurde klar, wie sehr sie in ihrer Form als Menschen doch mit ihrem Magen gestraft waren. Man vermied es durch geschickten Einsatz der elektrischen Fensterheber, Spuren im Auto selbst zu hinterlassen.

Zur Erleichterung aller Verkehrsteilnehmer verschwand der Kombi recht bald wieder von der Straße und hielt auf einen Stützpunkt der Bundeswehr zu.

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Thursday, 12. October 2006, 21:37

Teil 7 - Zuschlagen und Abhauen

"Du nimmst die Waffen des Feindes. So versorgt er dich. Du wirst stärker, er wird schwächer."

Irgendjemand hat einmal gesagt, der Frontalangriff sei am besten. Es ist ehrenvoll, fair, du gibst deinem Feind ne vernünftige Chance. Es ist spannender, du kriegst einen riesigen Adrenalinschub. Es fühlt sich besser an, und wenn du das hinkriegst, erst dann bist du wirklich gut. Kurz gesagt, all der Blödsinn von wegen Rumschleichen, in Deckung gehen oder lautlos Töten ist unehrenhaft und schon mal aus Prinzip nichts, was auch nur ein halbwegs vernünftiger Mensch tun sollte. Besagte Person wurde von einem Heckenschützen auf offenem Feld erschossen.

Die Moral dieser Geschichte ist also, dass die meisten Leute keine Ahnung davon haben, was sie eigentlich reden, und das man nicht blindlings in offenes Gelände rennen sollte.

Mark robbte in Richtung eines Maschendrahtzaunes, der sich Frecherweise über das Land zog und so mit höchster Effektivität Eichhörnchen im Wald hielt. Das Kampfmesser wanderte in seine Hand; dann setzte er kurz an und schleuderte es gegen den Zaun. Die Klinge berührte zwei Drähte; Funken sprühten und das Messer landete auf dem Boden. Mark sammelte es wieder ein, dann beäugte er den Zaun erneut. Anscheinend war heute nicht Tag der offenen Tür, also krauchte er etwas weiter und fand eine Grube unter dem Zaun, offenbar eine Art Behelfstunnel für hungrige Wildschweine auf dem Weg zum nächsten Mülleimer. Nach kurzer Inspektion und Abstützung des Zauns mit einem getrockneten Zweig arbeitete sich Mark durch das Loch und kam nach einer halben Minute lautlosen Kriechens erfolgreich auf der anderen Seite des Zauns an. Nachdem er sich überzeugt hatte, dass die nähere Umgebung sicher war, schlich er sich zur nächsten Lagerhalle. Offenbar war er der erste, der je versuchte, etwas von der Bundeswehr zu stehlen, denn die Tür war noch nicht einmal geschlossen, sondern wiegte nur leise im Wind. Mark betrat die Halle - obwohl das eher geschmeichelt ist, in Wirklichkeit war es wohl treffender ein Lagerschuppen - und begann damit, einige Kisten zu durchwühlen.

Nach einigen Minuten ertönte hinter ihm das fröhliche Pfeifen eines Wehrpflichtigen in den ersten Wochen seiner Grundausbildung.

Leider war Mark nicht schnell genug, um sich zu verstecken, also griff er zur nächstbesten Variante, rollte zur Seite und stoppte mit gezogenem Colt in einer Hocke; schnell wie ein geölter Blitz hatte er die Waffe ausgerichtet, bis ihm auffiel, dass der Soldat gar keine Waffe dabei hatte und offenbar in einem Anfall von Vernunft keine Anstalten machte, irgendwelche abnormalen Geräusche von sich zu geben.

"Sie sind..."
"Mark Simmons. Ohne unhöflich erscheinen zu wollen, möchte ich sie doch mit Verweis auf die Faustfeuerwaffe Kaliber 10mm in meiner rechten Hand darauf aufmerksam machen, dass sich ein erhöhter Geräuschpegel ungünstig auf ihren Gesundheitszustand auswirken wird."
"Keine Panik, ich habe keinen Heldenkomplex !" Nein, eher einen akuten Anfall von Feigheit und panischer Angst vor dem glühenden Kuss heißen Bleis.
"Nun gut. Also, in den Kisten hier sind ein paar G3 und Magazine dafür, in denen da drüben die neuen Waffen. Ich tippe mal, dass ihr die alten Gewehre eh verschrotten wollt, also hast du doch nichts dagegen, wenn ich euch die Arbeit abnehme ?"
"Denk nicht, wird schon keinem auffallen." Eine korporative Geisel, also wirklich. Mark hatte jetzt endlich einen Grund, Deutschland zu mögen, der nichts mit Bier zu tun hatte.
"Also, du bist ein netter Kerl, und deshalb will ich dir nicht mehr als nötig wehtun. Geh da hinten in den Schrank und verhalte dich ruhig, in einer Stunde oder so kannst du wieder rauskommen und melden, dass dich jemand niedergeschlagen hat."
"Nun ja..."
"Schau mal, hier hast du ne britische hundert Pfund Note, die hältst du dir vor die Augen bis ich weg bin. Ach ja, wäre nett wenn du es hinkriegst dir mit einem stumpfen Gegenstand einen über die Rübe zu geben, dass ist ein gutes Alibi."
"Ja, eh danke..." Der Wehrpflichtige stellte sich in den Schrank und meldete ein paar Bedenken an.
"Womit soll ich mir eins überziehen ?"
"Hinter dir liegt eine Schaufel."
Der Soldat drehte sich um und bekam prompt eine Hieb auf den Schädel mit Marks Colt. Der Paladin sammelte den Geldschein wieder ein, dann belud er sich mit vier Gewehren und füllte seine Taschen mit Munition. Bevor er den Schuppen verlies, warf er noch einen letzten Blick auf den armen Teufel, der bald mit Kopfschmerzen aufwachen würde.

"Nett, aber nicht gerade clever. Na ja, man kann ja nicht alles haben."

Mark schleppte sich unter dem zusätzlichen Gewicht wieder auf den Zaun zu, bemerkte jedoch ein munteres Rudel von Berufssoldaten, die seine Anwesenheit sicher nicht so leicht hinnehmen würden. Mark duckte sich hinter die Ecke einer der Baracken und durchdachte die Situation. Zunächst einmal war er am Arsch, soweit war er sich mit sich selbst einig. Normalerweise quellen solche Lager geradezu von unfreundlichen Leuten mit automatischen Waffen über - und das wirklich Dumme ist, schon ein einzelner Schussknall und man hatte sie restlos alle am Hintern kleben wie die dummen Werbesticker von Vergnügungsparks an der Rückscheibe eines Autos. Noch wusste er nicht, wie er sich wieder herauswieseln würde, da nahm ihm jemand die Entscheidung ab.

"Keine Bewegung !"

Solche Befehle werden nie befolgt, und Mark brach nicht mit der Tradition, sondern sprintete schnurstracks in die Richtung, in der sich anscheinend die wenigsten Soldaten befanden. Mehrere Leute eröffneten das Feuer, aber auf wundersame Weise durchlöcherten Magazin um Magazin Wände, den Boden, Fichten (die hier genau wie im letzten Feuergefecht absolut unschuldig waren - aber manche Leute behaupten ja, Armeen schießen sowieso nur auf Unschuldige, also machte es wohl doch etwas Sinn), Lampen, einen etwas unglücklich platzierten Hirsch (der, wie das Schicksal spielte, den Bruchteil einer Sekunde vorher einen Herzinfarkt hatte, aber noch nicht zu Boden gefallen war) sowie einen alten Block aus Beton für Schießversuche.
Oder, kürzer ausgedrückt, alles außer Mark, der sich stattdessen um die Überwindung des Zauns kümmern musste.

Im Allgemeinen tendieren Situationen, in denen einem ein paar Dutzend Schuss NATO-Stahlmantelmunition umzingeln, eher dazu, nicht besonders lange zu dauern, und auch hier war der schöne Augenblick allzu schnell vorbei. Mark setzte zu einem Sprung an, aber unter der schweren Last und ohne himmlische Kräfte kam er kaum vom Boden weg und landete vornüber im Dreck, rollte jedoch halbwegs geschickt ab und kam stehend etwa 30 Zentimeter vor dem Elektrozaun zum Stehen, während hinter ihm mindestens 15 Mal das Geräusch der Entsicherung eines Sturmgewehrs ertönte. In Marks Kopf lief ein kleiner Film ab, der ihm ziemlich präzise zeigte, dass selbst die beste offensive Taktik gegen einen riesigen Haufen Schnellfeuergewehre nichts bringt. Widerwillig erhob Mark die Hände und ließ sich entwaffnen; anschließend folgte er einer Gruppe Soldaten in eins der unübersichtlich vielen Gebäude.

Von der Schießerei aufgeschreckt beobachtete Sharon den Komplex per Fernglas - und fand Mark gerade noch schnell genug, um zu sehen, wie er in ein Gebäude abgeführt wurde. Mit einem leisen Fluch auf den Lippen warf sie das Fernglas zur Seite und griff nach ihrer Schrotflinte, was Azuriel geringfügig beunruhigte.
"Was soll das ?"
"Sie haben Mark erwischt."
"Hab es gemerkt. Aber da rein zu laufen ist der reine Selbstmord. Wir warten, bis es dunkel wird, dann geht es weiter."

Ein paar sehr lange Stunden später...

Sharon robbte langsam über den Boden; vor ihr stand ein sich selbst als Profi bezeichnender Soldat, der statt Wache schieben lieber eine Zigarette rauchte. Nach kurzer Beobachtung hatte sich ergeben, dass es auf diesem Stützpunkt überhaupt keine Wehrpflichtigen gab, noch nicht einmal normale Berufssoldaten - hier schlichen speziell ausgebildete Männer über die kalte Ebene, und Sharons Erfahrung zeichnete die wahnwitzigsten Pläne von gigantischen Untergrundanlagen, die sich wie ein riesiges Pilzmyzel durch den Boden ziehen könnten. Aber im Moment hatte sie dringendere Probleme, und so richtete sie sich langsam auf und näherte sich der Wache noch weiter, bis sie auf Armlänge hinter dem Soldaten stand. Dieser stellte nach kurzer Bearbeitung per Flintenkolben kein Problem mehr dar; mit etwas Anstrengung schleifte sie ihn zu Azuriel, der den Möchtegern-Rambo nach allen Regeln der Kunst zu einem transporttauglichen Paket verschnürte und ihn dann in einem leeren Schuppen schleppte, wo er sich den Raum mit sechs weiteren Profis für die nächsten Stunden teilte.

"Also, was jetzt ?"
"Mark muss in dem Gebäude sein, oder in einem, dass dadurch zu erreichen ist. Lassen wir die Waffen erst mal stecken, sonst haben wir bald das ganze Lager aufgeschreckt."
"Bah. Wir sollten uns mal ein MG besorgen, das pflanzen wir aufn Dreibein und dann gibt?s Gulasch."
"Habt ihr Dämonen schon mal was von sanfter Gewalt gehört ?"
"So wie auf den Kreuzzügen ?"

Azuriel beantwortete den Einwurf mit einem Starren, so als könnte er sie töten, wenn er nur lange und konzentriert genug guckte; allerdings fand er das nicht heraus, sondern öffnete die Tür zur Baracke und stürmte mit seiner erst vor kurzem erstandenen SPAS-12 in der Hand in den Raum, wo sich sofort alle Anwesenden ergeben hätten - wäre denn jemand dort gewesen. Mit einem etwas missmutigen Lächeln senkte er die schwere Flinte und deutete Sharon, dass kein Widerstand zu erwarten war. Man betrat die Halle und fand nach kurzer Suche einen Fahrstuhl nach unten. Beide hatten ein etwas mulmiges Gefühl, Sharon, weil sie aus verständlichen Gründen eine leichte Aversion gegen Untergrundanlagen der Armee der Sterblichen entwickelt hatte, und Azuriel, weil er als Engel einfach ab und zu mal nach oben zum Himmel schauen musste, um sicherzustellen, das niemand in seiner Abwesenheit irgendwelche Dummheiten mit seiner Eigentumswolke anstellte.

Der Aufzug erreichte unbehelligt die untere Ebene - und zur allgemeinen Überraschung war absolut niemand auf dem Gang zu sehen, ja, man könnte fast schwören, hier wäre niemand, wenn nicht ab und zu ein paar Geräusche aus den einzelnen Räumen klängen. Das rührte daher, dass gerade keine Kaffeepause war - das bedeutete, die Sicherheitskräfte auf Wache vertrieben sich die Zeit damit, schweinische Sprüche auf die Toilettenwände zu kritzeln, und niemand hatte jetzt schon Lust, sich von anderen Kleingeld für den Kaffeeautomaten zu borgen, so dass selbst unbeabsichtigt kein Wachpersonal sich auch nur in der Nähe irgendwelcher wichtigen Orte - zum Beispiel dem Gefangenentrakt - aufhielt. Normalerweise wäre das ein sehr bedenklicher Zustand, aber um zum Punkt zu kommen, niemand hatte es je probiert, hier einzubrechen, und die Experten für Sicherheitstechnik hatten dazu keine Einwände erhoben - einerseits, weil die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs hier gering war, andererseits, weil sie noch einen dringenden Termin zum Minigolf hatten und so den Zustandsbericht eher flüchtig überflogen hatten, anstatt zu sehen, was sie eigentlich unterschreiben.
Im Fahrstuhl ersetzte Sharon unter den staunenden Blicken Azuriels ihre Schrotflinte durch eine MP5SD; mit sorgfältig einstudierten Bewegungen wurde die Waffe nachgeladen und entsichert.
"Was soll das werden, wenn´s fertig ist ?"
"Sobald wir Krach machen, wird Alarm ausgelöst. Wenn wir schon feuern müssen, dann sollten wir besser schallgedämpfte Waffen verwenden."
"Aha. Und warum hast du nur eine dabei ?"
"Weißt du, davon liegen 4 Stück im Kofferraum des Kombis. Du hättest dir ja mal selbst eins greifen können."
Azuriel beendete das Gespräch mit einem ärgerlichen Starren, dann begab man sich vorsichtig auf die Suche nach Mark.

Sharon drückte sich eng an die Wand; mit Maschinenpistole im Anschlag spähte sie kurz in jeden Raum, an dem sie vorbeikam, aber die meisten waren entweder leer oder mit gelangweilt aussehenden Bürokraten gefüllt, die sich gegenseitig mit Papierflugzeugen bewarfen - ein todsicheres Anzeichen dafür, dass sie wirklich nichts, aber auch gar nichts zu tun hatten und eigentlich nur noch angestellt waren, weil pensionierte Mitarbeiter ein Sicherheitsrisiko darstellten und man trotz allem nur nach sorgfältiger Beratung die Eliminierung von Menschen beschließen konnte. Alternativ könnte man sagen, dass für diesen Haufen schon die Munition, die man zum Erschießen brauchen würde, zu schade wäre.

Nach etwa zehn Minuten erreichte sie den Gefangenentrakt; mehr durch Zufall stieß sie prompt auf Marks Zelle, die sich nach Kurzschließen der Elektronik ohne weiteren Aufwand öffnete. (Denn die Verkabelung gehörte ebenfalls zu einem dieser Konstruktionsmerkmale der Einrichtung, die geradezu daraufhin entworfen wurde, die Basis möglichst unsicher zu machen - man munkelte von Sabotage der Konstruktionspläne nach der endgültigen Prüfung der Unterlagen, aber natürlich wurde das nie überprüft, auf Grundlage der Expertenkommission.) Mark, der gerade die Wand verprügeln wollte, verfolgte den Vorgang mit Erstaunen, dann gewann er seine Fassung wieder.

"Da bist du ja. Hat ziemlich lange gedauert."
"Vielleicht wäre es dir lieber, wenn wir zuerst die Siegel suchen und dich dann hier rausholen ?"
"Ja ja, schon gut. Die Waffen liegen in dem Raum da drüben, wenn du das Schloss knackst kann ich euch ne größere Hilfe sein."
"Die Schlösser hier sind nicht kompliziert, das kriegst selbst du auf. Einfach kurzschließen. Ich schau mal, ob sich inzwischen Wachen hier bewegen, wir treffen uns am Aufzug."
"Alles klar."

Während sich Sharon wieder auf den Weg machte, stellte sich Mark vor das Schloss und begriff, das es für einen Dämon wohl wirklich einfach zu öffnen war - wenn man denn die Kraft hatte, das Blech zu überwinden. Nach kurzer Überlegung meinte Mark, dass nochmalige Anwendung eines Feuerzaubers doch eine arg unkreative Lösung wäre. Der Gedanke Kurzschluss tobte ihm noch etwas im Kopf herum, und Mark fühlte sich an den Besuch einer Wissenschaftsausstellung erinnert. Natürlich war er nur dort herein gegangen, um ein Opfer zu beschatten, aber trotzdem hatten ihn ein paar der Experimente sehr interessiert - er hatte sich immerhin freiwillig in einen Faradayschen Käfig gesetzt, um zu beweisen, dass da einige Millionen Volt Spannung nichts verrücken könnten.

"Hm. Ein Blitzschlag ist schon ne gute Idee..."

Einen Blick auf seine rechte Hand, ein fieses Grinsen und einen imaginären Funken später hatte Mark seine Waffen wieder. Währenddessen am anderen Ende der Ebene...

Azuriel verfluchte den Tag. Nicht besonders leise, mit eher vulgärem Vokabular - aber da er in einer bereits seit 7.000 Jahren toten Sprache fluchte, fiel das nicht weiter ins Gewicht. Bisher war seine Suche erfolglos gewesen - er hatte anscheinend den Teil der Basis abgekriegt, wo noch weniger los war als beim Gefängnis, und das wollte schon etwas heißen. Daher war er sehr überrascht, als er hinter einer Ecke auf einen ziemlich großen Glaskäfig stieß, an dem ihn sofort mehrere Dinge auffielen: Jemand lag in einem Bett und war daran gekettet, auf den Ketten brannte magisches Feuer, und jemand stand daneben, anscheinend der Urheber dieses Elementarzaubers.

In solchen Situationen tendiert man fast automatisch dazu, eine Menge Krach zu machen und dabei gleich noch etwas schweineteure Einrichtung zu ruinieren. Und genau diese Maxime setzte Azuriel in die Tat um; er legte mit der Schrotflinte an und schickte eine Ladung Schrot durch die Glaswand, die daraufhin in einige hundert Splitter zersprang und sich dann einen Spaß daraus machte, den Rücken des Magiers zu Hackfleisch zu verarbeiten. Etwa zeitgleich mit dem Klingeln der Hülse - passierte nichts. Etwa eine Sekunde wunderte sich Azuriel, warum kein Alarm ausgelöst wurde, dann schob er den Gedanken beiseite und machte sich daran, den Gefangenen zu befreien.

Das heißt, eigentlich war es eine Gefangene - zu allem Überfluss auch noch Avenger -, und die Ketten stellten kein größeres Hindernis für sie dar, denn sie riss sich los und richtete sich unter den staunenden Augen des Engels auf. Allerdings kam das aufkeimende Gespräch nicht zustande, denn der soeben niedergeschossene Mann erhob eine Pistole und drückte ab, bevor Azuriel eine echte Chance zum Reagieren hatte. Der Einschlag des Projektils warf Azuriel zu Boden; im Gegenzug versetzte Avenger dem Magier einen kräftigen Tritt in die Rippen, was ihn endgültig ruhig stellte.

Sie untersuchte die Situation, und nahm dann die Pistole des Magiers an sich. Obwohl sie noch nie einen solchen Gegenstand in der Hand gehalten hatte, erkannte sie ihn als Feuerwaffe - und wenn sie persönlich auch keine wirkliche Verwendung dafür hatte, so eignete sich diese Waffe doch wunderbar dazu, den Magier über den Jordan zu schicken: Mit einem gut gezielten Schuss schickte sie jenen auf die Reise, um sich dann der nächsten wichtigen Aufgabe zu widmen, der Flucht. Sie versuchte sich zu orientieren, schaute in Richtung der zerstörten Glasscheibe - und sah Mark, in dessen Verstand gerade eine revolutionäre Verkettung von Gedanken aufkeimte.

Azuriel angeschossen. Unbekannte Frau mit Pistole. Frau Feind.

"Keine Bewegung !"
Mark hob demonstrativ seine CAWS.
"Er hat ihn verwundet !"
Avenger deutete auf den Magier. Mark überlegte kurz; für seine Verhältnisse kam er sehr schnell zu einer annehmbaren Schlussfolgerung.
"Tja, da du nicht zum Personal gehörst, bist du eine Gefangene, und hier werden nur übernatürliche Wesen gefangen gehalten. Siehst du die Waffe hier ? Randvoll mit Silbermunition."
Natürlich log Mark, aber eine bessere Drohung kannte er nicht.
"Silber wirkt nur auf Werwölfe. Ich bin ein Vampir."
"Ach ja ? Wenn du nicht mit einem Werwolf verwechselt werden willst, solltest du dir mal wieder die Beine rasieren !"

Und somit eröffnete Mark das Feuer auf Avenger.

Obwohl normale Feuerwaffen gegen Vampire eigentlich unwirksam sind, bilden Schrotflinten eine Ausnahme - denn mit ihrer Fähigkeit dazu, ein Opfer regelrecht zu zerstückeln, konnte man die regenerativen Fähigkeiten des Vampirs überlisten. Dies galt natürlich erst recht für automatische Flinten wie die CAWS, die 240 Ladungen Schrot pro Minute durch die Luft senden können - da sie aber nur 10 Patronen fassen, stoppte das Donnern nach einigen Sekunden.

Allerdings hatte das niemand Avenger erzählt; die Schrotkugeln bissen sich ihre Zähne an ihr aus und perforierten statt dessen die Wände, die Leiche des Magiers und das Bett, aber als sich der Rauch legte, stand Avenger immer noch vor Mark, anscheinend unverletzt.

"Hey, das kitzelt !"
"Was zum..."

Mark improvisierte etwas; er warf die nun nutzlose Waffe Avenger zu, die von den Feinheiten des modernen Duells etwas überfordert war, und zog sein Schwert, bevor Avenger aufging, dass sie einen nutzlosen Klumpen Metall in den Händen hielt. Nur ein Reflex ermöglichte ihr, schnell genug nach hinten auszuweichen, als Mark den ersten Schlag seines Schwertes in ihre Richtung sendete. Aber auch 2500 Jahre alte Vampire haben ihre Grenzen - Avenger stürmte wütend in Marks Richtung, der ihr anscheinend unvorbereitet den Rücken zuwendete, um den Schwung der Klinge zu fangen. Als Avenger schon fast hinter ihm war, konterte Mark mit einem gewaltigen Tritt nach hinten, der das Schienbein des Vampirs traf und sie zu Boden warf, wo sie erst mal liegen blieb. Mark erhob seine Klinge, ihr den Kopf abzutrennen - aber als das Schwert in ihre Nähe kam, wurde es förmlich aus Marks Hand geschleudert, als hätte man einen Gummiball gegen eine Stahlwand geworfen. Nach kurzem Überlegen folgerte Mark, dass sie anscheinend unter einer Art Zauber stand, der sie vor heiligen Waffen schützte. Ohne weiteres Zögern zückte er eins seiner Kampfmesser und jagte es Avenger in die Brust, bevor ihn ein Schmerzensschrei von Azuriel zu dringenderen Problemen rief.

"Az ! Scheiße, steh wieder auf !"

Mark versuchte sich daran zu erinnern, wie er seine Kräfte bündeln könnte, aber sein Gedächtnis verließ ihn. Also auf die altmodische Tour, dachte er sich, und begann, mit dem Kampfmesser die Wunde freizulegen. Unterbewusst hatte er sogar etwas Bewunderung für den Schützen, die Kugel hätte er selber kaum besser platzieren können - allerdings war kaum Platz für einen fachlichen Austausch, denn Azuriels Körper würde offensichtlich nicht mehr lange durchhalten. Was passieren würde, wenn Azuriel jetzt starb, wusste Mark nicht - aber er konnte es sich vorstellen, und deshalb wollte er es eigentlich gar nicht wissen, und schon gar nicht aus erster Hand herausfinden. Mit gekonnten Schnitten legte er die Kugel frei, die sich durch Azuriels Lunge gebohrt hatte, und bemerkte mit Entsetzen, dass die Kugel in der Aorta steckte - soll heißen, ohne Verbandsmaterial sowie etwa 20 andere medizinische Gegenstände und Medikamente würde diese Operation tödlich enden. Vielleicht zum ersten Mal seit dem Tod seines Vaters hatte Mark das Gefühl, das ihm die Leiche zu seinen Füßen etwas bedeuten würde, und der Gedanke daran vernebelte seinen Verstand.

Avenger wachte über ein lautes Stöhnen wach, und das erste, was sie wieder sah, war Mark, der über Azuriel gebückt bedächtig mit einem Kampfmesser agierte, aber anscheinend nicht wirklich wusste, was am besten zu tun sei.
"Was soll das ? ?"
Die Frage kam für Mark etwas ungelegen.
"Was dagegen, wenn wir das verschieben ? Mein Freund - und dein Befreier - verblutet, und wenn du auch nur einen Funken Ehre besitzt, dann bleibst du da sitzen und wartest, bis ich ihn versorgt habe, Capiche ?"
Avenger schluckte. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatten ihr Menschen freiwillig geholfen, und prompt lag ihr Retter im Sterben. Wirklich toll gelaufen, dachte sie sich, dann setzte sie sich zu einem Ritual auf und stimmte einen unmenschlichen Gesang an.

"Ich hab gesagt, du sollst..."

Die Leiche des Magiers knackte leicht, während sich Rippen aus dem Weg bogen (oder brachen, wenn sie nicht flexibel genug waren) und ein gewaltiger Fluss von Blut aus der Leiche heraus schwappte und sich dann einen Weg zu Azuriel bahnte, wobei eine tiefrote Spur den Boden besudelte. Der Fluss bewegte sich weiter an Azuriel heran, umhüllte ihn, bahnte sich einen Weg durch seine Wunden, seinen Mund, seine Nase. Marks Blick wanderte zu Avenger; ihr Gesang betäubte seine Sinne, während er apathisch beobachtete, wie der Griff des Messers in ihrer Brust abfiel und sich die Wunde von selbst schloss. Mit glühenden Augen blickte sie ihn an; ihr Gesang wurde für einen Moment fast unerträglich laut, dann verstummte sie für einen Moment, atmete tief ein und begann wieder zu sprechen.

"Meine Art, mich zu bedanken."

Mit dem Zusammenfließen der Blutströme erwachte neues Leben im halbtoten Körper von Azuriel; mit weit geöffneten Augen atmete er tief ein, während sich die Kugel schwebend von ihm entfernte und sich die Wunden wie von selbst schlossen. So, wie Azuriel wieder aufstehen konnte, fiel Avenger zu Boden.

"Mark...was war das eben ?"
"Würde ich auch gerne wissen. Mir geht die Sache hier ein klein wenig zu schnell..."
"Also, wem hab ich den Arsch gerettet, bevor sie meinen gerettet hat ?"
"Sie meint, sie wäre ein Vampir, aber das Schwert hat sich geweigert, sie zu verletzen."
"Hm. Dann steht sie noch unter himmlischem Schutz. Was allerdings bedeutet, dass wir sie hier nicht einfach so liegen lassen können."
"Ich kann sie nicht tragen, wir müssen hier so schnell wie möglich weg - und wenn wir da oben nicht rennen, sind wir schneller Schweizer Käse, als du ´Autsch !´ sagen kannst !"
"Hm. Sie ist ein Vampir...gib ihr ne Blutspende."
"Bitte ?"
"Ein paar Tropfen bringen sie wieder auf die Beine. Du bist der beste Kandidat dafür, würde ich sagen..."
"Dir rette ich so schnell nicht noch mal das Leben."

Ohne weitere Diskussion - wobei man der Fairness halber sagen muss, dass auch Mark durchaus Verständnis für die Notwendigkeit schneller Entscheidungen besaß - versetzte sich Mark eine Schnittwunde an seinem linken Arm und ließ ein paar Tropfen Blut in den Mund von Avenger fallen, die daraufhin mit neu gefundener Kraft erwachte, um die Situation nochmals zu beäugen.

"Also, machen wir es kurz. Ich bin Mark, das ist Azuriel, du bist..."
"Avenger. Los jetzt !"
"Ich habe hier das Kommando."
Avenger richtete sich mühsam auf; sie stützte sich auf Azuriel und harrte der Dinge, die nun kommen mochten.
"Alles klar...Avenger war der Name, ja ?"
"Ohren auf: Ich bin dir dankbar. Aber sobald ich wieder stehen kann, nimmst du deine Hände von mir, sonst wird mein Knie deinen Schritt massieren !"
"Genug gequasselt. Wir müssen hier raus, und zwar fix, sonst sind wir Hackfleisch."
"Was ist Hackfleisch ?"
"Lass es dir von Az erklären."

Mark stürmte Richtung Aufzug; Avenger sah fragend in Azuriels Richtung, der mit den Schultern zuckte und dann mit ihr in den Armen Mark folgte. Nach kurzer Fahrt im Aufzug - man vertröstete Avenger auf später, ihre Fragen gleich welcher Natur zu beantworten - gelangte das Trio an die Oberfläche, wo Sharon bereits mit gezielten Feuerstößen die alarmierten Soldaten in ihre Schranken verwies. Sie kommentierte die Anwesenheit einer weiteren Person mit hochgezogener Augenbraue, dann stürmten die Vier in Richtung Kombi, wo Avenger gegen ihre Proteste ziemlich unsanft in den Kofferraum geworfen wurde. Mark startete den Motor und der Wagen beschleunigte unter den donnernden Salven einer ganzen Kompanie Sturmgewehre wieder in Richtung Straße, wo der Wagen dann einmal mehr auf der Autobahn verschwand, mit Kurs auf Hannover.

Wenn Vampire brechen könnten, hätte sich der Kofferraum innerhalb kürzester Zeit gefüllt.

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25

Thursday, 12. October 2006, 21:37

Teil 8 - Die Einheit

"Mehr ist nicht immer besser..."

Der Kombi wühlte sich weiter durch den Verkehr auf der Autobahn, der zu dieser Zeit wie ein Leichentuch - ein blinkendes, fluchendes, hupendes Leichentuch, aber immerhin - über der Strasse lag und alles lähmte. Azuriel hatte vor langer Zeit aufgegeben, zu verstehen, wofür Menschen eigentlich Straßen oder sogar Autobahnen brauchten - sollten sie sich verdammt noch mal einen Ort aussuchen, wo es ihnen gefällt und da bleiben -, aber der Stau ärgerte ihn trotzdem. Weniger, weil er kein Verständnis dafür hatte, dass sich alle Menschen auch noch immer in eine Richtung bewegen wollen - eine weitere etwas sonderbare Angewohnheit - sondern hauptsächlich, weil sie sich das denkbar ungünstigste Ziel dafür ausgesucht hatten.

Aus dem Kofferraum erschallte ein Klopfen.

"Nicht, das ich es nicht schön finde, mal zur Abwechslung keinen Brechreiz zu haben, aber warum haben wir angehalten ?"
"Das nennt sich Stau. Entsteht, wenn zu viele Idioten auf einmal in die gleiche Richtung wollen."
"Eine dieser neuzeitlichen Erscheinungen, oder ? Ich muss schon sagen, diese Zeit ist etwas verwirrend."
"Gib dir keine Mühe. Ich habe 40 Jahre hier verbracht und hab immer noch keinen Schimmer, wie der Hase läuft."
"Im übrigen - sobald wir bei der Herberge ankommen, lasst euch ein paar Pferdedecken geben. Ich fürchte, das mein Körper etwas empfindlich auf Licht reagiert."
"Nicht nötig, wir fahren einfach in die Tiefgarage."
"Tiefgarage ?"
"Das wird eine lange Fahrt..."

Mark bedauerte schon jetzt, wie recht er haben würde.

37 Mittelfinger, Flüche und Lichthupen später hatte man sich erfolgreich durch den Stau geschmuggelt; man steuerte eine Tiefgarage im Zentrum an und parkte den Wagen dort; da es inzwischen schon wieder zur Nacht dämmerte (laut Radioberichten entstand der Stau durch einen Auffahrunfall, in den 5 LKWs verwickelt waren, von denen 4 sperrige Skulpturen für eine Metallkunst-Ausstellung transportierten, wodurch sich die Aufräumarbeiten den ganzen Tag hingezogen hatten), entschloss man sich zu einer kurzen Stadtbesichtigung, um anschließend ein geeignetes Hotel auszusuchen. Die Wahl fiel auf eine etwas billig anmutende Absteige, von der Azuriel versicherte, dass es ganz ausgezeichnetes Rührei zum Frühstück gäbe. Selbiger erledigte das lästige Einchecken, und gegen Acht Uhr abends machte man sich in den Einzelzimmern breit.

"Wir müssen etwas Arbeitsteilung durchführen. Az, Sharon, besorgt Bargeld und sucht einen Waffenladen, wir brauchen jede Menge Munition. Wenn ihr fertig seid, bringt Sharon die Munition zum Wagen und wartet dort. Az, du besorgst uns ein neues Auto. Ich geh mit Avenger Reisepässe besorgen, so dass wir hier unbehelligt rauskommen. Noch Fragen ?"
"Was für Munition brauchen wir ?"
"12er Schrot, 9mm Parabellum und .308 Winchester. .50 Action Express und 10mm Auto, falls sie so was haben, aber das glaube ich eher nicht, also fragst du da besser dezent nach."
"Was ist mit dem Auto ?"
"Am besten mieten wir eins bei Avis oder wie die Typen heißen. Da wir es nur für die Reise nach Rom brauchen, wäre ein gekaufter Wagen ziemlich unnütz, und dazu noch auffällig. Keine Fragen mehr ? Ok, dann los. Wir treffen uns in vier Stunden wieder hier."

Mark und Avenger steuerten zielsicher in Richtung dunkler Seitenstraßen - Mark hatte ein Talent dafür, den kürzesten Weg zum schlimmsten Viertel der Stadt zu finden, und in diesem Fall war der Weg nicht besonders weit. Mark deutete Avenger, ihm dicht zu folgen, und bewegte sich auf den Eingang eines Clubs zu, wo er nach kurzem Blick nach unten einen etwas untersetzten Türsteher erfassen konnte.
"Geschlossene Gesellschaft. Haut ab."
"Ich will deinen Boss sprechen."
"Ich sagte, hau ab."
"Vielleicht interessiert es deinen Boss nicht mehr, gute Beziehung zu Alexandra Tortelli zu unterhalten."
Wie praktisch, dass nur Mark wusste, wer hier für Alex arbeitete und wer nicht.
"Alexandra Tortelli schickt dich ? Scheiße ! Komm rein, Herr Klaus wird gleich mit dir sprechen.
Mark und Avenger wurden durch den ohrenbetäubenden Krach der Musik in ein relativ komfortable eingerichtetes Hinterzimmer geführt, obwohl komfortabel hier eher nach dem Standard von Alex Büro gemessen wurde - soll heißen, es gab mehr als einen Stuhl in diesem Zimmer, aber niemand machte Anstalten, sich zu setzen.

"Mr. Simmons, nehme ich an ?"
"Live und in Farbe."
"Udo, geh wieder nach draußen. Hier gibt es wichtige Dinge zu besprechen."
Der Türsteher verschwand und überließ das Feld Mark und Avenger.
"Also, Mark - ich darf doch Mark sagen, oder ?"
"Nein."
Die Raumtemperatur wäre um ein paar Grad gesunken, wenn es nicht schon so verdammt kalt in dem Raum gewesen wäre.
"Kommen wir zum Punkt. Warum sollte ich mir mehrere Millionen Dollar entgehen lassen und sie nicht dem FBI ausliefern ?"
"Wissen, ich werde ihnen jetzt etwas erzählen, und das wird seltsam klingen, aber sie haben mein Wort, dass es wahr ist. Sehen sie die Dame hinter mir ?"
"Sicher."
"Sie ist unsterblich. Keine Waffe kann sie aufhalten. Versuchen sie etwas dummes, wird sie sie zu Hackfleisch verarbeiten und den ganzen Schuppen hier gleich noch mit dazu."
"Das ist mal ein kreatives Märchen, zugegeben."
"Ich scherze nicht."

Mark nickte in Avengers Richtung; sie erwiderte die Geste, obwohl sie gehofft hatte, dass nicht durchziehen zu müssen. Mit andächtigen Bewegungen zog Mark eins seiner Kampfmesser, drehte sich zu Avenger um und hob es langsam auf Augenhöhe, mit der Schneide in der Hand. Avenger seufzte, öffnete ihre Jacke und gab den Blick auf das darunter liegende T-Shirt frei. Mark konzentrierte sich kurz, holte aus, dann schleuderte er das Messer in ihre Richtung. Es bohrte sich bis zum Schaft in ihren Torso.

Sie hatte nicht einmal gezuckt.

Mit aller Ruhe der Welt zog sie das Messer heraus; während sich die Wunde von selbst schloss, leckte sie das Blut vom Messer - ihr eigenes Blut, nicht zu vergessen - etwa so, wie eine Katze ihr Fell pflegt, mit einem fast abstoßenden Ausdruck von Zufriedenheit auf ihrem Gesicht und der Perversion eines Lächelns auf ihren Lippen. Nach etwa einer halben Minute war sie fertig und gab das Messer an Mark zurück, der es sorgfältig wieder einsteckte - oder einstecken wollte, bevor es in seinen Händen zu Staub zerfiel. Nach kurzer Verwunderung schaute er wieder in Avengers Richtung.

Sie sah ihn etwas vorwurfsvoll an.

"Hättest ja wenigstens etwas besser zielen können. Jetzt kann ich mir ein neues T-Shirt kaufen."
"Sollte den Hals treffen. Bin etwas aus der Übung."
Diese zwei Sätze hätten wohl auf den Clubbesitzer etwas lächerlich gewirkt, wäre er nicht von der Demonstration absolut überwältigt - zum ersten Mal hatte er etwas gesehen, was mit Schulweisheit absolut nicht zu vereinbaren war, und dieses Etwas war bereit, ihn 6 Fuß unter die Erde zu bringen. Mark erkannte den Ausdruck auf dem Gesicht seines Gegenübers, eine Mischung aus Überraschung, Resignation, Zweifel und purer, primitiver Angst.
"Wie sie sehen, mache ich keine leeren Drohungen. Meine Forderungen sind bescheiden."
"Was wollen sie ?" fragte der Mann, der erst langsam wieder seine Fassung zurückgewann.
"4 saubere Reisepässe. Ich lasse ihnen eine Liste mit den Namen und die nötigen Passphotos hier. In zwei Stunden sind wir wieder weg, und sie haben nichts von uns gehört. Noch Fragen ?"

Der Besitzer schüttelte den Kopf, dann hob er das Telefon ab und sprach mit der betriebsinternen Vermittlung.
"Holt mir Vinnie her und bereitet die Laserdrucker vor ! Ist mir scheißegal ob ihr ihn von einer Nutte runterzerrt, ich hab einen wichtigen Job für ihn."

Mark grinste, aber das lockerte die Atmosphäre nicht wirklich auf. Das Einzige, was in dieser eisigen Stille noch gewirkt hätte, wäre eine Handgranate gewesen. Womit wir beim Thema wären - Azuriel. Dieser und Sharon hatten nach reiflicher Überlegung beschlossen, dass eine legale Beschaffung größerer Mengen von Munition ohne Waffenschein etwas kompliziert werden würde - man entschied sich für die einfachere Variante und brach einfach in einen Laden ein. Oder zumindest war dass so geplant; Sharon bearbeitete seit einigen Minuten den Sicherungskasten eines Ladens und schaffte es dank roher Gewalt schließlich, den Strom im Laden auszuschalten.

Die Beiden machten sich anschließend an der Tür zu schaffen; wenig später wurden Kisten voller Munition durchsucht, um etwas Passendes zu finden.

"Hm. 9mm Police, 9mm Largo, 9mm Parabellum"
"Hey, das brauchen wir. Pack ein paar Magazine davon ein."
"Ok."

Im Interesse des Lesers genügt es zu sagen, dass sich dieser Vorgang noch etwa 15 Minuten lang wiederholte, während sich mehrere Taschen langsam mit jeder Menge Blei füllten. Es wäre das perfekte Verbrechen gewesen, hätte nicht auf einmal Azuriels Handy geklingelt. Sharon schmiegte sich schnell an eine Wand und zog ihre Schrotflinte - keinen Moment zu früh, denn neben ihr öffnete sich eine Tür, und Azuriel fühlte, das hier gleich etwas aus dem Ruder laufen würde.

"Keine Bewegung !"

Hinter ihm hörte man, wie jemand den Verschluss einer Schrotflinte betätigte; aus der Dunkelheit erschien der Besitzer des Ladens, zwar in Pyjama, aber mit einer Flinte von Remington in der Hand. Es hätte lustig ausgesehen, aber die meisten Leute vermeiden es, Witze über Männer mit Schrotflinten zu reißen. Langsam hob Azuriel seine Hände über den Kopf; er hörte Schritte hinter sich und fühlte den kalten Stahl eines Laufs an seinem Rücken.
"Einen Mucks und ich stopfe dir die Lunge mit Blei aus ! Also, wer bist du ?"
"Tja, ich bin..."
Das Handy klingelte immer noch.
"Also, wissen sie, dürfte ich wohl..."
Das Handy klingelte.
"Geh erst mal an dein verdammtes Mobiltelefon. Lass dir das Hirn von der Mikrowellenstrahlung toasten, das ist garantiert angenehmer als alles, was ich mit dir anstellen werde !"
Azuriel griff langsam nach dem Handy und nahm das Gespräch an.
"Ja...Jo, ganz gut soweit...wird gemacht, sobald ich Zeit habe...OK."
"Also, bevor ich deine inneren Organe bis nach Paris blase - wer war das am Telefon ?"
"Der Weihnachtsmann !"

Das kam nicht von Azuriel.

Der Mann wirbelte herum; gerade noch rechtzeitig, um Sharons Gesicht zu sehen, während sie ihm in Ermangelung eines Kolbens einfach die gesamte Flinte über den Schädel zog. Der Mann stolperte nach hinten, lies seine Flinte fallen, aber ganz von Sinnen war er nicht, jedenfalls noch nicht. Bevor er seine Balance wiederfinden konnte, setzte Azuriel einen Fußfeger an; der Ladenbesitzer landete rücklings auf dem Boden. Ein letztes Mal versuchte er, wieder auf die Beine zu kommen, dann trafen sich einer von Sharons Füßen mit seinem Gesicht und schickten ihn endlich wieder zurück in den Schlaf. Sharon schaute auf ihn herunter, dann erhob sie ihre Stimme.

"Ich hol den Wagen. Du siehst zu, dass er keinen Ärger macht, OK ? Und übrigens - wer war das eigentlich am Telefon ?"
"Mark. Wir sollen noch ein paar Kampfmesser mitbringen."

Azuriel grinste; während Sharon zurück zum Parkhaus lief, suchte er sich einen Eimer und bereitete sich darauf vor, dem Mann bei Bedarf noch ein paar Schädeltraumata zu verpassen. Eine knappe Viertelstunde und zwei Hiebe auf den Hinterkopf später parkte der Kombi vor dem Waffenladen; man beeilte sich, alles im ohnehin schon geringfügig überlasteten Kofferraum zu verstauen, und anschließend machte man sich wieder auf, die Straßen unsicher zu machen. Sharon setzte Azuriel nach kurzer, ereignisloser Fahrt bei einer Avis - Filiale ab, dann machte sie sich auf den Rückweg in die Tiefgarage. Azuriel schaute sich um; in der Dunkelheit wäre nicht viel zu erkennen gewesen, hätte nicht irgendein Genius von Marketingexperte das gesamte Areal mit blendendem Flutlicht beleuchten lassen. Azuriel schaute sich nach einem geeigneten Transportmittel um; sein Blick fiel auf einen riesigen Geländewagen, kurz bevor ihn der diensthabende Filialleiter ansprach.

"Guten Abend, der Herr. Haben sie bereits ihre Wahl getroffen ?"
"Dieser hier sieht gut aus. Wie viel soll es denn kosten ?"
"Nun ja, wir berechnen nach Kilometerpauschale, wir liefern genug Treibstoff für 50 Kilometer, danach tanken sie ja selber, also wird es dann billiger. Dann gibt es noch einen Zeitfaktor, und es hängt von der gewünschten Versicherung ab."
"Tja, wir brauchen den Wagen bis Rom."
"Rom ? Rom in Italien ?"
"Korrigieren sie mich, falls ich hier im Irrtum bin, aber wenn ich von Rom spreche, beziehe ich mich doch auf die Stadt in Italien, oder gibt es hier in der Nähe noch ein anderes Rom ?"
"Nun ja, Trier ist das Rom des Nordens...Sehr schöne Stadt jedenfalls."
"Ja. Leider interessiert mich Trier nicht."
Der Verkäufer wartete noch einen Moment darauf, gesagt zu kriegen, dass dieses Gespräch nur ein Scherz war.

Dieser Moment kam nicht.

"Also Rom."
"Das sagte ich bereits." Azuriel spürte, dass ihm das Gespräch etwas entglitten war, und so setzte er nach. "Einfache Fahrt zu einer Filiale dort in der Nähe, Zeit eine Woche. Wegen den Versicherungen..."
Der Filialleiter begann langsam, seinen Halt an der Realität wieder zurückzugewinnen.
"Vollkasko ?"
"Scheint angemessen."
"Auslandskrankenversicherung ?"
"Besser ist das."
"Auslandsrechtsvertretung ?"
"Sollte man immer dabei haben."
"Ok, noch irgendwelche Sonderwünsche ?"
"Haben sie eine Versicherung gegen göttliche Interventionen ?"
"Ich glaube nicht."
"Denken sie mal darüber nach, das ist eine riesige Marktlücke."
"Dann mache ich mal die Rechnung. Sie wollten bis nach Rom ?"

Wenn Engel Sicherungen besitzen, brannte Azuriels gerade durch, weswegen sich seine Stimme ein paar Dezibel Lautstärke gewann.

"Ok, stellen wir das klar. ROM. In ITALIEN. Mit DIESEM Wagen. Entweder sie geben mir jetzt die verdammten Schlüssel, oder ich öffne ihren Brustkorb, reiße ihnen ein paar Rippen raus und schnitze mir selbst einen !"

Es erscheint unnötig zu erwähnen, dass Azuriel fünf Minuten später in besagtem Geländewagen saß und sich auf den Weg zur Tiefgarage machte und sich in einer Lautstärke über die Servicewüste Deutschland aufregte, die selbst Mark für übertrieben gehalten hätte.

Nach Ablauf der vereinbarten 4 Stunden hatte Azuriel das neue Auto in der Tiefgarage geparkt, mit Sharon die gesamte Ausrüstung umgeladen, dabei den einen immer noch verschnürten Soldaten des Säuberungsteams gefunden und ihn im nächsten Müllcontainer verstaut. Dann hatten sich die beiden noch etwas Zeit damit vertrieben, ihm eine von Azuriels entschärften Granaten in die Hand zu drücken und sich über seinen Gesichtsausdruck zu amüsieren. Aber auch geistig anregende Unterhaltung eines derart hohen Niveaus wird irgendwann einmal langweilig, und so hatte man die letzten beiden Stunden mit wachsender Unmut auf Mark und Avenger gewartet. Azuriel starrte auf seine Uhr. Noch drei Minuten. Noch zwei Minuten. Noch eine Minute.

Azuriel schaute zum Eingang der Tiefgarage. Sharon schaute zum Eingang der Tiefgarage. Nichts passierte.

Erst fünf Minuten später öffnete sich die Tür; Avenger betrat die Anlage mit Marks T-Shirt, und Mark folgte in einem anscheinend bereits gebrauchten weißen T-Shirt, mit dem Sweatshirt um die Hüfte gewickelt. In seiner Hand hielt er einen Sechserpack Bier. Azuriel räusperte sich.
"Darf man erfahren, was so lange gedauert hat ?"
"Sie wollte ein neues T-Shirt. Wir haben kein Schwarzes gefunden, also hab ich ihr meins gegeben und mir selbst ein Weißes organisiert."
"Und..."
"Wieso sie ein neues T-Shirt gebraucht hat ?"
"Nein, lass stecken, ich will es gar nicht erst wissen !"
"Was war denn dann deine Frage ?"
"Bezog sich auf das Bier."
"Weißt du, es gibt eine gewisse Weltordnung. Deutschland braut Bier. Italien backt Pizza. Deshalb vertraue ich weder deutschen Pizzas noch italienischem Bier."
"Und was ist dann mit amerikanischem Käse ?"
"Hm, Patriotismus. Wohnst du nicht lieber in einem Haus, das du selbst gebaut hast ? Auch wenn es windig, zugig und dreckig ist ?"
"Schlechter Vergleich. Kein Haus ist so dreckig wie amerikanischer Käse scheußlich ist."
"Touche."

Mark stellte das Bier ab, verschwand kurz nach draußen, dann kam er mit zwei Koffern zurück. Zwei Edelstahlkoffer mit recht voluminösen Ausmaßen, um genau zu sein. Azuriel begutachtete diese, dann wandte er sich an Mark.

"Und was soll das ?"
"Ihr müsst eure Waffen irgendwie am Zoll vorbeischmuggeln."
Mark stellte die Koffer ab und öffnete einen; ein riesiger, glitschig aussehender Block aus Tonerde kam zum Vorschein.
"Ich verstehe nicht ganz, wie uns das helfen soll."
Mark ergriff den Ton an einer Seite und zog ihn einfach ab - anscheinend war es eine hauchdünne Schicht echten Tons auf einer dicken Decke aus Latex; unter dieser fand sich eine Bleiplatte als doppelter Boden.
"Ganz einfach. Ihr packt eure Waffen unter das Blei, und beim Durchleuchten wird nichts zu sehen sein. Wenn ihr kontrolliert werdet - ihr seid Töpfer, macht eine Reise zur Inspiration und habt eure Spezialtonerde gleich mitgebracht. Quatscht ein wenig darüber, dass der Ton rein und feucht bleiben muss, dann werden sie es hoffentlich nicht anrühren."
"Und das soll funktionieren ?"
"Wenn du ne bessere Idee hast, her damit."

Azuriel hatte keine bessere Idee.

"Also, wie sieht es jetzt genau aus ?"
"Az, du fliegst nach Neu Delhi und begibst dich von da aus nach Katmandu. Nimm deine CZ75 und die SPAS sowie ne MP5SD. Sharon, dein Flug geht nach Kapstadt. Du packst deine Flinte und ein G3 ein. Avenger kommt mit mir nach Italien, wir nehmen den Rest der Waffen mit. Los jetzt !"
"Moment mal..."
Der Einwurf kam von Avenger.
"Ich weiß, wir haben extrem viel zu tun, aber ich könnte hier mal ein paar Erklärungen gebrauchen. Wer seid ihr Typen eigentlich ?"
"Also..."
Azuriel holte tief Luft.
"Das da drüben ist Mark. Er ist ein Auftragskiller, und obwohl seine Methoden etwas...nun ja, rabiat...sind, wären wir ohne seine Talente schon mächtig am Arsch. Das ist Sharon, ein Dämon. Eine wahre Killermaschine, mit oder ohne Waffen. Ich bin der Engel Azuriel. Mein Fachgebiet ist der Nahkampf in all seinen Spielarten."
"Ja, toll. Und ?"
Mark fiel Azuriel ins Wort.
"Wir haben später genügend Zeit für langwierige Diskussionen. Jetzt müssen wir erst mal die Ausrüstung verteilen und unsere Flugzeuge erwischen."
"Was ist ein Flugzeug ?"
"Später."

Nach kurzem Nachladen, Umladen, Entladen und Verladen diverser Handfeuerwaffen begab man sich ohne weitere Zwischenfälle (außer Marks Fahrweise, aber die war vorhersagbar chaotisch wie immer) zum Flughafen; Azuriel und Sharon verließen den Wagen und steuerten auf einen der Schalter zu.

"Guten Tag. Wie kann ich ihnen helfen ?"
"Wir hatten Tickets telefonisch bestellt. Kapstadt und Neu Delhi."
"Ach ja, die Töpfer."

Azuriel schwor sich, Mark nie wieder in die Nähe eines Telefons zu lassen; aber sein Ärger war schnell vergessen. An diesem Tag wurden die Koffer von zwei Töpfern kontrolliert; beide ließ man ohne weitere Bedenken an Bord und wunderte sich, warum die Koffer denn ausgerechnet so groß sein mussten, dass sie nicht durch den Röntgenapparat passten - diese Tatsache wurde weder auch nur im Geringsten untersucht, und niemand erinnerte sich 15 Minuten später noch daran, aber allein die Tatsache, das etwas, irgendetwas, an den beiden verdächtig schien, stellte bereits ein schlechtes Omen dar. Nicht, dass das jetzt irgendwelche greifbaren Auswirkungen auf die Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft hat, hatte, haben würde oder überhaupt haben könnte - aber es sei erwähnt, hauptsächlich um die Ehre des Flughafenpersonals zu retten und davon abzulenken, das eigentlich überhaupt nichts erwähnenswertes passierte und wir uns den ganzen Paragraphen hätten sparen können. (Was wiederum mit dem Stolz des Autoren zusammenhängt, aber das ist eine andere Geschichte.)

Unterdessen brachen Mark und Avenger auf, die Grenze zu überqueren, die Alpen zu überwinden. Und die Stadt zu erobern, an der sich Hannibal selbst mit Elefanten die Zähne ausgebissen hatte - Rom.